Meiner Ansicht nach... Classico von Monini und Filippo Berio: Die beiden meistverkauften Olivenöle der Schweiz sind klassische Fehleröle!
- Silvan Brun
- vor 6 Tagen
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Aktualisiert: vor 3 Tagen

Monini Classico und Filippo Berio Classico gelten mit Abstand als die meisterverkauften Olivenöle der Schweiz. Monini gibt's in der Migros, während Coop seinen Kunden Filippo Berio anbietet. Die beiden Öl haben heuer nicht nur gemeinsam, dass sie nicht aus italienischen Oliven gewonnen wurden, sondern meiner Ansicht nach auch, dass sie qualitativ richtig schlecht sind. Würde mich jemand nach einer Referenz für ein fehlerhaftes Olivenöl fragen, würde ich ohne schlechtes Gewissen Monini Classico oder Filippo Berio Classico empfehlen.
Eieiei! Monini bringt den neuen Jahrgang seines meistverkauften Olivenöls "Classico" in die Regale der Migros. Pünktlich zur Osterzeit. Und in unglaublich schlechter Qualität, wie ich finde.
Das Öl aus dem Abfülllos L1069671 und mit Mindesthaltbarkeitsdatum 31.01.2026 ist meiner Ansicht nach deutlich schlammig. Weil die verkostenden Olivenöl-Panels in der Regel nicht besser sind als das Öl, über welches ich hier schreibe, sind sie nicht in der Lage, diesen Fehler – der auf der ersten Zeile des offiziellen Verkostungsblatts aufgeführt ist – zu erkennen. Das Ganze hat natürlich System. Die Harmonisierung der Panels, was so viel heisst, dass die Panels überall auf der Welt über dasselbe Öl gleich urteilen müssen, wird vom International Olive Council in Madrid vorangetrieben. Das International Olive Council erfährt seinerseits über die verschiedenen Ausschüsse, Berater- und Arbeitsgruppen eine Schattenführung durch die Olivenölindustrie. Und das kann der Europäischen Union, die nicht nur grösste Erzeugerin, sondern auch die bedeutendste Exporteurin von Olivenöl ist, nur recht sein. Solange in den Flaschen, die sich "Olivenöl Extra Vergine" nennen, tatsächlich ausschliesslich das Öl der Olivenfrucht enthalten ist, kann ihr der Rest egal sein. Ihr Regelwerk basiert überdies sowieso auf den Vorgaben des International Olive Councils.
Zefferino Monini, Chef des gleichnamigen umbrischen Olivenölabfüllers Monini S.p.A., dürfte der aktuelle Qualitätseinbruch seines Classico-Öls aber nicht nur wegen der politisch-juristischen Konstellation wenig Sorgen bereiten. Denn, dank iberischem Billigöl dürfte er 2025 endlich wieder rentabler wirtschaften, als er das die Jahre zuvor getan hat.
Seit bald vier Dekaden beliefert Monini die Migros, ihres Zeichens grösste Supermarktkette der Schweiz, mit Olivenöl. Je nach Jahr aus unterschiedlicher Provenienz. Mal aus Italien. Mal aus Spanien und Portugal. Im Jahr 2023 betrug der Konzern-Umsatz des Abfüllers aus Spoleto 193 Millionen Euro. Die Migros dürfte dabei schätzungsweise für knapp 10 Prozent des Monini-Umsatzes verantwortlich sein.
So beeindruckend einem diese Umsatzzahl erscheinen mag, die Gewinne des Abfüllers, der von der Migros in der Vergangenheit allzu gerne aber eigentlich irreführenderweise als Olivenölhersteller bezeichnet wurde, haben sich laut dem Alberto Grimelli, Chefredakteur des italienischen Olivenöl-Fachmagazins Teatro Naturale sowohl 2021 als auch 2022 jeweils halbiert. Das Geschäftsmodell der Ölabfüller, das darin bestünde, billige Massenware aus der iberischen Halbinsel oder aus dem Maghreb einzukaufen, um Abfüllmengen und Umsätze zu steigern, sei ein gescheitertes, was – mit wenigen Ausnahmen – die Jahreszahlen dieser Abfüller bestätigen würden, so Grimelli weiter.
Und tatsächlich, verdiente die Monini S.p.A. 2019 bei einem Umsatz von rund 135 Millionen Euro etwas mehr als 10 Millionen (Rendite = 7.6 %), Betrug der Gewinn des bekanntesten, aber nicht grössten umbrischen Abfüllers drei Jahre später, 2022, bei einem Erlös von knapp 166 Millionen Euro (+23.5 %) nur noch 2.3 Millionen Euro (Rendite = 1.4 %).

Mit 12 Millionen Litern ausländischem Öl zur Marktführerschaft in Italien
Klar scheint, Monini ist ein Ölindustrieller, kein bäuerlicher Erzeuger, obschon er auch eine Mühle namens Frantoio del Poggiolo und Olivenhaine, unter anderem den Bosco Monini, der mittels superintensiver Pflanzungen auf 1'000 Hektar ausgebaut werden soll, sein Eigen nennt. Doch, nur ein verschwindend kleiner Teil des von seinem Betrieb Monini S.p.A. abgefüllten Olivenöls stammt von seinen eigenen Olivenbäumen. Die grosse Masse kommt vorwiegend aus dem Ausland und in Teilen auch aus Süditalien.
So bestand die in Italien im Jahr 2021 mit 12.4 Millionen Litern und einem Verkaufswert von 51.4 Millionen Euro am häufigsten verkaufte Olivenölmarkte, "Monini Classico", aus einer EU-Ölmischung.
"Monini Classico" ist auch im Schweizer Lebensmitteleinzelhandel das am häufigsten verkaufte Olivenöl. Es wird vorwiegend von Moninis offiziellem Kontraktpartner Migros vertrieben. Je nach Jahr besteht das in der Migros erhältliche "Monini Classico" aus rein italienischen Ölmischungen. Aber auch Discounter wie Lidl oder Otto's bieten das Produkt "Monini Classico" an, allerdings in einer EU-Mischung und über einen inoffiziellen Kanal besorgt.
Monini schielte nach Portugal, wo günstig schlechtes Öl produziert wurde
Zefferino Moninis Geschäft ist also hauptsächlich von ausländischem Olivenöl abhängig. Beispielsweise von portugiesischem. Gegenüber der italienischen Wirtschaftszeitung Il Sole 24 schwärmte er anfangs Dezember 2024 von der portugiesischen Olivenölindustrie. Vor allem die wirtschaftliche Effizienz, welche die portugiesischen Farmen an den Tag legen, versetzt den umbrischen Ölhändler ins Staunen. Portugiesische Betriebe, die den superintensiven und daher den vollständig mechanisierten Anbau pflegen, seien imstande, Olivenöl zu 2 Euro und 50 Cent pro Kilogramm zu erzeugen.
Für diese Verehrung einer alles andere als nachhaltigen Landwirtschaft hagelte es für Patron Monini Kritik von Teatro Naturale-Chefredakteur Alberto Grimelli. Er fragte, ob Monini jenes portugiesische Olivenöl meine, das in der aktuellen Kampagne vor allem mit deutlich überhöhten Erytrodiolwerten auf sich aufmerksam mache und deshalb im Sinne eines nativen Olivenöls als unhandelbar gelte.
In der Tat erzeugten die portugiesischen Betriebe aus ihren superintensiven Anlagen in der jüngsten Kampagne Olivenöl, das nicht als naturbelassenes Öl zu Lebensmittelzwecken gehandelt werden darf. Oder besser gesagt nicht hätte gehandelt werden dürfen. Denn die hauptsächlich aus Arbequina-Oliven stammenden Öle, die auch sensorisch nicht zu überzeugen wissen, wurden und werden von den portugiesischen Erzeugern zu Spottpreisen ins Ausland verkauft, wo sie mit etwas Olivenöl spanischer Herkunft verschnitten und just in den rechtlich vorgegebenen Rahmen gedrückt wurden und werden. Fertig ist das Ölgemisch für die Abfüllung. Möglicherweise auch in die grünen Glasflaschen von Monini?
Italien fuhr – diametral entgegen Moninis Prognose, die er vor noch nicht allzu langer Zeit, nämlich im September 2024, öffentlich auszusprechen wagte – eine mengenmässig miserable Ernte ein. Die Ölerträge waren vielerorts niedrig. So niedrig, dass die landesweite Öl-Produktion nach aktuelleren Schätzungen lediglich rund 200'000 Tonnen betragen dürfte. Noch im September 2024 spekulierte Zefferino Monini darüber, dass die EU vor einer guten Ernte stehe und die Ursprungspreise bis zum Jahresende um 40 bis 50 Prozent sinken dürften. Zumindest entsprach die Preis-Entwicklung für griechische, spanische und tunesische Öle Monini Prognosen. Brancheninsider warfen Monini daraufhin – teilweise gar öffentlich – Marktmanipulation vor.

Die Preise für italienisches Olivenöl verharren nach einer kurzen Korrektur, die vermutlich durch Spekulation im November 2024 befeuert wurde, auf vergleichsweise hohem Niveau. Bereits im Dezember 2024 tat Zefferino Monini sein Missfallen über die hohen Preise für italienisches Olivenöl gegenüber Il Sole 24 kund, als er meinte, italienisches Öl, das in flachen Lagen Italiens produziert werden könne, dürfe nicht mehr als 5 bis 6 Euro pro Kilogramm kosten. Für Jahre habe das Öl zwischen 3 und 5 Euro gekostet, aber aufgrund der schlechten Ernten 2023 hätten die Olivenbauern plötzlich 10 Euro verlangen können.
Daraus sind zwei Sachen zu interpretieren: Etwas weniger Umsatz, dafür ein höherer Gewinn wären Monini wohl ganz recht. Und, er kann den italienischen Olivenbauern einen angemessenen Preis für deren Arbeit nicht zugestehen.
Zudem scheint er zu ignorieren, dass Portugals intensiv bewirtschaftete Olivenhaine, die erstens in flachen Ebenen gedeihen, zweitens aus relativ charakterarmen Olivensorten bestehen und die drittens nicht selten von grossen spanischen Unternehmen geführt werden, mit den oftmals kleinbäuerlich gepflegten Olivenhainen in Italien nicht gleichgesetzt werden können. Wir wissen, dass in Italien nur gut ein Viertel des landesweit erzeugten Olivenöls aus flachen, ebenen Gebieten stammt, während rund zwei Drittel auf hügeliges Gebiet und zwischen 5 und 10 % auf bergiges Gebiet entfallen.
Klar, Monini kauft vorwiegend Öl aus Gebieten, die wenig hügelig sind und entsprechend und vergleichsweise günstig produzieren können. Das ist sozusagen Massenware für die Masse. Das ist okay. Aber Monini soll es doch unterlassen, gegenüber den Lesern seiner Zeitungsartikel die Tatsache zu verschweigen, dass der grosse Teil des italienischen Öls übers Land verteilt aus nicht oder nur schwer mechanisierbaren Anbaugebieten stammt.
Im Dezember fragte ich: Migros mit Preissenkung für Monini-Olivenöl im Frühjahr 2025?
In Vorbereitung auf das, was sich jetzt abzeichnete, entwarf ich schon im Dezember 2024 einen Blogbeitrag, in dem ich schrieb: «So oder so, Monini wird der Migros aus der aktuellen Erntekampagne für "Monini Classico" wohl kein italienisches Öl liefern können und wird stattdessen auf die iberische Halbinsel ausweichen müssen. Dort kostet die Massenware, die heuer übrigens von besonders schlechter Qualität ist, derzeit nur noch etwas mehr als 4 Euro. Ob Migros den Preisvorteil nahtlos an ihre Konsumenten weitergeben wird, werden wir irgendwann im Frühjahr 2025 erfahren.»
Ich schrieb den Beitrag aber bis zum heutigen Tag nicht zu Ende, weil ich ihn für zeitlich unpassend hielt. Aber jetzt, da Tatsache geworden ist, was ich vorausgesagt habe, ist der Zeitpunkt für die Veröffentlichung dieser Zeilen gekommen.
Zwischenzeitlich haben andalusische, südportugiesische und tunesische Olivenöle die Preisschwelle von 4 Euro pro Kilogramm unterschritten. Es droht sogar ein weiterer Preiszerfall, sollte in wenigen Wochen flächendeckend ein guter Fruchtansatz an den Trieben der andalusischen Olivenbäume festzustellen sein. Denn, das würde auf eine mengenmässig gute Ernte hindeuten und die Marktpreise aufgrund von Forderungen seitens des Einzelhandels abermals unter Druck setzen.
Der Einzelhandel, in der Gier, im Massensegment günstig einkaufen und möglich gewinnbringend verkaufen zu können, ist die Wurzel des Übels. Da bringt es auch nichts, zu fragen, ob die Verantwortlichen der Migros Alternativen zu Moninis meiner nach fehlerhaftem iberischen Classico-Öl gehabt hätten. Sie interessiert Qualität bei den Olivenölen wenig. Und wenn doch, dann müssten sie Zefferino Monini bitten, sein Classico-Öl als "Vergine" auszuloben.
Stattdessen akzeptieren sie ein offensichtlich fehlerhaftes Öl, das als höchste Güteklasse ausgegeben wird und in einer Aufmachung daherkommt, die den Durchschnittsverbraucher eine italienische Herkunft vermuten lässt. Der Sensoriker Patrick Zbinden schrieb bereits im März 2025 auf LinkendIn über dieses Täuschungsmanöver:
«Olivenöl: Transparenz sieht anders aus!
Beim Durchblättern des Migros-Magazins Nr. 11 vom 05.03.2025 ist mir auf Seite 50 dieses Inserat aufgefallen. Beim Überfliegen des Inserattextes könnte man meinen, dass die beiden abgebildeten Olivenöle „Classico“ und „Delicato“ aus italienischen Oliven hergestellt werden - schliesslich wird über die Suche nach den besten Oliven berichtet, garniert mit dem Hinweis auf die schwierige Ernte 2024. 🇮🇹🍈Doch wer genau hinschaut, entdeckt im unteren Absatz: Wegen der geringen Ernte wird bei genau diesen zwei Produkten auf „europäische Öle“ ausgewichen. Eine eindeutige Kennzeichnung in diesem Sinne ist jedoch auf den abgebildeten Flaschen nicht zu finden (übrigens auch nicht bei den Flaschen, die in den Verkaufsregalen stehen). Stattdessen bleibt der italienische Look unangetastet - obwohl der Inhalt in der Flasche nicht aus Italien kommt. 🤨Für mich ist das nichts anderes als eine Irreführung. Gerade bei Olivenöl, wo Herkunft und Qualität eng zusammenhängen, ist eine solche Schönfärberei ein Schlag ins Gesicht für alle, die bewusst einkaufen. 🚫 Meine Bitte an Herrn Zefferino Monini: Klarheit und Ehrlichkeit auf den ersten Blick. Die Herkunft der Olivenöle in den Flaschen „Classico“ und „Delicato“ muss transparent und klar erkennbar kommuniziert werden.»

Zu Ostern 2025 wissen wir: Monini Classico Extra Vergine – N° 1 nel mercato italiano – ist mehr Schein als Sein. Es ist, nach mir, nicht nativ extra und kommt mit Sicherheit nicht aus Italien. Wer im Classico von Filippo Berio eine Alternative sucht, dem sei gesagt, dass es hier keinen Deut besser ist. Branchen-Kenner behaupten sogar, dass der Abfüllbetrieb Salov S.p.A. sein Öl einer sanften Desodorierung unterziehe. Nur so viel, dass man es mit den herkömmlichen und zugelassenen Prüfmethoden nicht feststellen könne. Meiner Ansicht nach ist an dieser Behauptung Fleisch am Knochen!
Filippo Berio Classico und Monini Classico sind klassische Fehleröle, die darüber hinaus irreführenderweise mit viel Italianità präsentiert werden. Es ist einmal mehr Bestätigung dafür, dass bei den Grossen vieles verkehrt läuft und sich niemand dafür verantwortlich fühlt, sie in die Schranken zu weisen.
Und dennoch: Eigentlich kann man sich bei beiden Produkten ganz auf den Markennamen verlassen. "Classico" steht für klassisch. Und, klassischerweise sind die als "nativ extra" gekennzeichneten Olivenöle im Schweizer Detailhandel qualitativ ungenügend. Das ist die Norm. Das ist die Ordnung.
Ein klassisches Produkt ist nichts Extraordinäres. Und deshalb gilt die Binsenweisheit: Classico kann nicht "extra" sein! Klar.