top of page

Toxische Samenöle! Nicht Zucker, sondern Rapsöl & Co. könnten zu Insulinresistenz führen, so die Hypothese der US-Medizinerin und Biochemikerin Cate Shanahan



Insulinresistenz ist in der modernen Gesellschaft nahezu allgegenwärtig. Ob Diabetes Typ 2, Fettleber, chronische Erschöpfung oder Adipositas – sie alle haben eine Gemeinsamkeit: eine gestörte Insulinwirkung auf Zellebene. In den 1950er-Jahren war Insulinresistenz eine medizinische Randnotiz. Heute betrifft sie weltweit hunderte Millionen Menschen. Aktuelle gibt es mehrere etablierte Modelle zur Erklärung der Insulinresistenz, die sich im Laufe der letzten Jahrzehnte herausgebildet haben. Diese Modelle versuchen, die Mechanismen hinter der verminderten Wirksamkeit von Insulin zu verstehen – teils aus epidemiologischer, teils aus molekularbiologischer Sicht. Zwar greifen alle bisherigen Modelle zur Erklärung der Insulinresistenz wichtige Aspekte auf, doch sind sie nicht vollständig schlüssig, weil sie entweder wichtige Beobachtungen nicht erklären können, kausale Zusammenhänge nur vermuten, aber nicht belegen, oder Symptome mit Ursachen verwechseln. Nehmen wir das Adipositas-Modell, bei dem angenommen wird, dass Übergewicht – insbesondere viszerales Bauchfett – entzündungsfördernde Zytokine und freie Fettsäuren produziert, die die Insulinwirkung in Muskel-, Leber- und Fettzellen stören. Dieses Modell kann alleine durch die beobachtbare Tatsache falsifiziert werden, dass auch normalgewichtige Menschen und Sportler insulinresistent sein können. Oder das Zucker- und Kohlenhydratmodell, bei dem vermutet wird, dass dauerhaft hoher Konsum von Zucker oder raffinierten Kohlenhydraten zu ständig erhöhtem Blutzucker und folglich zu häufigem Insulinanstieg führt, wodurch sich die Zellen an Insulin gewöhnen und das Signal abgeschwächt wird. Allerdings bleiben viele Menschen, die kohlenhydratreich essen, soffwechselgesund. Ein weiteres Modell, das Entzündungsmodell, liefert keine schlüssigen Hinweise auf die Ursache der Entzündungen, die zur Insulinresistenz führen sollen. Die Frage ist demnach, was ist die wahre Ursache dieser grauenvollen Epidemie der Insulinresistenz ist?


Dr. Catherine Shanahan, amerikanische Ärztin und Biochemikerin, wagt in ihrer am 29. April 2025 in der Fachzeitschrift Frontiers in Nutrition erschienenen wissenschaftlichen Analyse eine ungewöhnliche, aber fundierte Hypothese: Nicht Zucker, nicht gesättigtes Fett, nicht Übergewicht, sondern industriell hergestellte Pflanzenöle – sogenannte RBD-Samenöle – könnten der entscheidende Auslöser sein.


Was sind RBD-Samenöle?

RBD steht für "Refined, Bleached and Deodorized" – also raffiniert, gebleicht und desodoriert. RBD-Samenöle entstehen aus pflanzlichen Samen und Kernen. Die wichtigsten Vertreter sind Rapsöl, Sonnenblumenöl, Sojaöl, Maisöl, Distelöl, Reiskleieöl, Traubenkernöl und Baumwollsaatöl. Einige von ihnen sind von Natur aus toxisch, andere aus sensorischen Gründen ungeniessbar, weshalb sie in einem aufwendigen schwerindustriellen Prozess zunächst raffiniert (veredelt), dann gebleicht und zum Schluss desodoriert (entstinkt) werden müssen.


Das ist ist insbesondere deshalb problematisch, weil die Samen, aus welchen diese Öle gewonnen werden, reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren (engl. polyunsaturated fatty acids, kurz PUFA) sind, welche als äusserst oxidationsempfindlich gelten und zwar je ungesättigter desto instabiler. Klar, dass derart fragile chemische Strukturen diese harschen Extraktions- und Veredelungsbedingungen nicht schadlos überstehen, obschon letztere eigentlich explizit zum Ziel haben, verarbeitungsbedingte Oxidationsprodukte zu reduzieren.


In den USA machen diese acht Öle (the hateful eight) zusammen bis zu 80 % der aufgenommenen Fettkalorien und etwa ein Drittel der gesamten Kalorienzufuhr aus. Sie sind in fast allen Fertignahrungsmitteln, Fast-Food-Produkten, Backwaren, Süssigkeiten und aller Art von industriellen Convenience-Produkten enthalten. HIerzulande dürfte das kaum anders sein. Wer's nicht glaubt, achte auf das Etikett einer Bruno's Best-Salatsauce oder auf die Zutatenliste des gehypten planted-Steaks.



Die zentrale These: Oxidativer Stress als Ausgangspunkt

Dr. Shanahan stellt fest: Viele der bestehenden Modelle zur Erklärung der Insulinresistenz nennen als zentrales Problem den oxidativen Stress. Was diese Modelle jedoch nicht klären, ist die Quelle dieses oxidativen Stresses.


Laut Shanahan sind es die oxidierten mehrfach ungesättigten Fettsäuren (PUFAs) aus RBD-Samenölen, die Zellmembranen schädigen, freie Radikale freisetzen und mitochondriale Dysfunktion auslösen. Die Zellen sehen sich gezwungen, als Reaktion darauf ihren Energiestoffwechsel umzustellen – weg von der „Fettverbrennung“, hin zur aeroben Glykolyse, also der Zuckerverbrennung in Anwesenheit von Sauerstoff. Dieses Muster kennt man als Warburg-Effekt, ursprünglich beobachtet in Krebszellen.


Diese Umstellung ist für die einzelne Zelle kurzfristig sinnvoll (sie stellt ein sinnvolles Sonderprogramm des Körpers dar), da dadurch weniger oxidative Schäden entstehen. Doch auf Organismus-Ebene hat sie gravierende Folgen: Der Körper verliert seine Fähigkeit, den Blutzuckerspiegel stabil zu halten. Es kommt zu einer dauerhaften Störung des Gleichgewichts zwischen Insulin und gegenregulatorischen Hormonen wie Adrenalin, Cortisol und Glukagon. Diese Hormone blockieren die Insulinwirkung, und so entsteht der typische Phänotyp der Insulinresistenz.



Wie giftig sind raffinierte Samenöle wirklich?

Ein besonders aufrüttelnder Teil der Hypothese Shanahans: Die Medizinerin und Biochemikerin vergleicht die Wirkung der oxidierten Abbauprodukte aus Samenölen mit den toxischen Substanzen im Zigarettenrauch.


Bereits bei der industriellen Extraktion und der anschliessenden "Veredelung" von Samenölen, aber auch beim Erhitzen im Rahmen der Mahlzeitenzubereitung – etwa beim Anbraten oder Frittieren, beim Lagern der raffinierten Öle und sogar alleine durch den Verdauungsvorgang entstehen Verbindungen wie 4-Hydroxy-2-hexenal (4-HHE; aus ά-Linolensäure [Rapsöl, Leinöl]), 4-Hydroxy-2-nonenal (4-HNE; aus Linolsäure [Sonnenblumenöl, Sojaöl, Distelöl, Rapsöl etc.), Malondialdehyd (MDA) oder Acrolein. Diese Moleküle:

  • sind extrem reaktiv

  • schädigen Zellmembranen und Mitochondrien,

  • wirken neurotoxisch

  • sind mutagen (verändern DNA),

  • verursachen chronische Entzündungen,

  • bewirken insulinresistenzartige Prozesse in Leber, Muskel und Fettgewebe

  • sind zentrale Toxine bei atherosklerotischen Veränderungen und Neurodegeneration

  • fördern krebsauslösende Prozesse.



Studien zeigen, dass die zellschädigenden Wirkungen (Zytotoxizität) oxidierter PUFA-Abbauprodukte wie 4-HNE (4-Hydroxy-2-nonenal), 4-HHE (4-Hydroxy-2-hexenal), MDA (Malondialdehyd) und Acrolein in vielfacher Hinsicht mit den Effekten des Rauchens vergleichbar sind. Auch beim Rauchen, also dem Verbrennen von organischem Material, entstehen neben polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) toxische alpha-beta-ungesättigter Aldehyde wie 4-HNE und Acrolein sowie in geringem Masse auch MDA.


Das Konsumieren von Samenöl ist so gefährlich wie das Rauchen von Zigaretten

In diesem Zusammenhang spricht Dr. Catherine Shanahan von einer Art „unsichtbarem Rauchen“: Wer regelmäßig oxidierte Samenöle verzehrt oder damit kocht, nimmt vergleichbare Mengen toxischer Substanzen auf wie ein Mensch, der regelmäßig grosse Mengen Tabakrauch einatmet.


Martin Grootveld et al. haben die Bildung sogenannter alpha-beta-ungesättigter Aldehyde beim Braten in flachen Pfannen über 30 Minuten sowie in Fritteusen bei Dauerbetrieb über mehrere Tage untersucht. Sie fanden in beiden Fällen ähnlich hohe Konzentrationen toxischer Substanzen: Crotonaldehyd in Mengen von 1,8–5,7 mg und n-Hexanal in Mengen von 2,5–9,5 mg pro Portion. Grootveld et al. betonen, dass diese Exposition "nicht unähnlich" jener sei, die man durch das tägliche Rauchen von 25 Zigaretten aufnimmt.



Die Überlagerung mit Zucker und anderen Risikofaktoren

Während Zucker oft als Hauptverursacher von Insulinresistenz diskutiert wird, zeigt Shanahan auf, dass Blutzuckerwerte bei gesunden Menschen nie längerfristig pathologische Werte erreichen – außer bereits bei bestehender Stoffwechselstörung. Zudem können auch sportliche, schlanke Menschen insulinresistent sein – was sich mit der Zucker- oder Bewegungsmangel-Theorie schwer erklären lässt.


Der entscheidende Unterschied: Während Zucker im Körper schnell verstoffwechselt wird, können oxidierte PUFA-Rückstände wochen- bis monatelang (andere Forscher sprechen von Jahren) in Zellmembranen, Fettgewebe und Organen verbleiben und dort schleichend Schaden anrichten.


Dr. Shanahans Modell hat zweifelsohne das Potenzial, das Verständnis von Stoffwechselkrankheiten grundlegend zu verändern. Nach ihr ist nicht Insulin selbst gestört, sondern der Energiestoffwechsel der Zelle wurde – durch oxidativen Stress, ausgelöst durch PUFA-Toxizität – aus dem Gleichgewicht gebracht. Oder um es drastischer zu formulieren: Die Insulinresistenz ist auf eine Samenölvergiftung zurückzuführen.


Ein weitere Problem eines hohen Samenölkonsums: Hautschäden!

(Oxidierte) mehrfach ungesättigte Fettsäuren aus Samenölen werden durch deren Konsum auch in die Zellmembran der Haut eingebaut und können dort zu Schäden führen. Ein Katalysator für Hautschäden ist in diesem Kontext UV-Strahlung. In Tiermodellen wurde dieser kausale Zusammenhang deutlich gemacht. Eine Studie aus dem Jahr 2002 (Qi et al. 2002) zeigte: Mäuse, die mit Maisöl gefüttert wurden, entwickelten unter UV-Bestrahlung signifikant mehr Hauttumore als Vergleichsgruppen.


Industriell erzeugte Samenöle fanden den Weg in unsere Ernährung im letzten Jahrhundert. Sie seien gesünder als tierisches Fett oder Olivenöl. Mittlerweile darf das aber zumindest stark bezweifelt werden.


Quellen:

The energy model of insulin resistance: A unifying theory linking seed oils to metabolic disease and cancer, SHANAHAN Catherine, HYPOTHESIS AND THEORY article, Front. Nutr., 29 April 2025, Sec. Nutrition and Metabolism, Volume 12 - 2025 | https://doi.org/10.3389/fnut.2025.1532961

bottom of page