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Die wichtige Rolle von Sauerstoff bei der Olivenölerzeugung.

Autorenbild: Silvan BrunSilvan Brun

Grünes Gold. Damit's auch goldig riecht und schmeckt, braucht das Gold etwas Sauerstoff (Bild: AdobeStock Jurica Tomic/Wirestock)

Manche Händler behaupten, ihre Olivenöle würden "ohne Sauerstoffkontakt" produziert, um sie vor Oxidation zu schützen. Das klingt beeindruckend, ist aber schlichtweg ein Mythos - und widerspricht den Grundprinzipien der Qualitätsolivenölherstellung.


Die einzigartigen frisch-grünfruchtigen Aromen eines hochwertigen nativen Olivenöls extra entstehen ausschliesslich durch den Lipoxygenase-(LOX)-Pathway. Dieser enzymatische Prozess oxidiert mehrfach ungesättigte Fettsäuren wie Linolsäure mithilfe von Sauerstoff und erzeugt dabei Verbindungen wie E-2-Hexenal, Hexanal und cis-3-Hexenal, die für die grünen, grasig-blättrigen Noten verantwortlich sind, die qualitativ hochwertiges Olivenöl ausmachen. Octanal verleiht dem Öl in niedrigen Konzentrationen ein feines grünes Mandelaroma, entwickelt jedoch in höheren Konzentrationen - wir kommen etwas weiter unten dazu - wachsartige Off-Flavours.


Der Sauerstoff, der für diesen enzymatischen Oxidationsprozess nötig ist, wird durch den Crusher (das Messer- oder Hammer-Mahlwerk) eingearbeitet, wenn die Oliven zerkleinert werden. Gleichzeitig wird dabei das Zellwasser der Oliven freigesetzt, das für die enzymatische Aktivität der Lipoxygenase unerlässlich ist. Ohne Sauerstoff und Zellwasser wäre der LOX-Pathway inaktiv, und die typischen Aromen, die wir in Qualitätsolivenöl finden, könnten nicht entstehen.


Und trotzdem: Zu langer Sauerstoff- und Wasserkontakt bei einer Malaxierung, die über das optimale Zeitfenster von 10 bis 15 Minuten hinausgeht, führt zu einer Überaktivierung der enzymatischen Oxidation und auch zu chemischer Oxidation (Autoxidation). Dabei entstehen langkettige Oxidationsprodukte wie Nonanal, Decanal und oxidiertes Octanal, die dumpfe, gekochte und muffige Off-Flavours verursachen. Auch spezifische Ketone mit unaussprechlichen Namen tragen dazu bei.


Für eine längere Malaxierung spricht einzig und allein die höhere Ölausbeute. Man opfert quasi Qualität für Quantität.


Im Markt begegnet man genau deswegen meistens Olivenölen, die über eine Stunde lang malaxiert wurden. Diese Öle wirken gekocht und lassen jegliche Frische vermissen. Definitiv nicht das, was am Esstisch Spass macht.


Ein "sauerstofffreier" Olivenölherstellungsprozess ist also ein gut gemeinter Mythos. Sauerstoff und Zellwasser sind - unter quasi-kontrollierten Herstellungsbedingungen - keine Feinde, sondern essenzielle Partner des Qualitätsolivenöls.

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