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Olivenöl ist kein Sonnenöl. Wärme, Licht, Sauerstoff und Zeit schaden dem Öl. Worauf man beim Handling dringend achten sollte, wenn man die Qualität des Öls erhalten möchte.

Die denkbar unvernünftigste Art, den Gästen Olivenöl zu reichen: Durchsichtige Glasflaschen mit offenem Ausgiesser (Bild: AdobeStock)
Die denkbar unvernünftigste Art, den Gästen Olivenöl zu reichen: Durchsichtige Glasflaschen mit offenem Ausgiesser (Bild: AdobeStock)

Olivenöl ist das hierzulande beliebteste pflanzliche Speiseöl. In der Sommerzeit wird das fette Öl der Olive in grösseren Mengen konsumiert als im Winterhalbjahr. Knackige Salate, leichte Fischgerichte, gebratene Sommergemüse oder Bruschette – oft werden diese Speisen mit Olivenöl zubereitet. Zusätzlich reichen nicht wenige Gaststätten ihren Gästen an warmen Tagen zusammen mit dem Brotkorb anstelle der guten alten Butter das Gold des Mittelmeers. Die Sommerzeit ist für das Olivenöl, insbesondere was die Qualität angeht, ein äusserst herausfordernder Jahresabschnitt. Sonneneinstrahlung, hohe Temperaturen und lange Standzeiten schaden dem Öl nämlich. Wie man die Ölqualität – allen Widrigkeiten zum Trotz – möglichst gut und lange aufrechterhalten kann, zeigt dieser Beitrag.


Wer auswärts gutes Olivenöl konsumieren will, der braucht einen kühlen Kopf. Denn, das ist insbesondere zur Sommerzeit mehr als schwieirg.


Am 12. Juni 2025 schrieb das Kantonale Labor Zürich, die für die Lebensmittelsicherheit im Kanton Zürich zuständige Behörde, in einer Mitteilung: «Qualität von Olivenöl in Tischmenagen oft ungenügend Die in Restaurants in den Tischmenagen angebotenen Salatöle – meistens Olivenöl – genügen den Qualitätsanforderungen sehr oft nicht. Zumeist liegt das daran, dass das Öl zu lange bei warmen Temperaturen dem Sauerstoff aus der Luft und dem (Sonnen)licht ausgesetzt ist.»


Demnach mussten bei der jüngsten Kontrolle des Labors, die im Frühjahr 2024 stattfand, 64 Prozent aller geprüften Tischmenagen-Öle beanstandet werden. In absoluten Zahlen bedeutet das: 16 von 25 Tischmenagen-Ölen – davon 20 als Extra Vergine deklariert – wiesen deutliche Qualitätsmängel auf oder waren gefälscht.[1]


Würde die Zürcher Lebensmittelkontrolle an diesen Tagen, an denen der Sommer seinem Namen alle Ehre macht, Olivenöle aus Tischmenagen von Restaurants prüfen, dürfte das Resultat noch vernichtender ausfallen.



Sonnenlicht und Sommerhitze zerstören das Öl

Die hohen Sommer-Temperaturen machen dem Öl ordentlich zu schaffen. Besonders kritisch wird es, wenn die Ölflaschen – etwa auf Restaurantterrassen – direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind und sich dabei auf 60 °C oder mehr aufheizen. Und das innerhalb von kurzer Zeit.


Ein übles Ding sind hierbei durchsichtige Behältnisse, etwa Klarglasflaschen, wie man sie von klassischen Tischmenagen her kennt. Durch den fehlenden Lichtschutz kann das Öl photochemisch zerstört werden. Das im Öl enthaltene Restchlorophyll wirkt nämlich als Photosensibilisator. Nach gängiger, materialistisch geprägter Wissenschaft nimmt Cholorophyll dabei Lichtenergie auf, insbesondere im UV- und sichtbaren Bereich, und geht in einen angeregten Zustand über. Die aktivierten Moleküle übertragen ihre Energie auf den Luftsauerstoff, wodurch Singulett-Sauerstoff (¹O₂) entsteht. Dieser aggressive Sauerstofftyp reagiert bevorzugt mit ungesättigten Fettsäuren, insbesondere Linolen- und Linolsäure, später aber auch mit der Ölsäure, und löst eine Kaskade der Oxidation aus. Hydroperoxide entstehen, dann Aldehyde, Ketone und Alkohole.


Auch die Carotinoide, die eigentlich vor Oxidation schützen sollen, werden durch Licht zersetzt und ihre Abbauprodukte wirken in der Folge ebenfalls pro-oxidativ.


Selbst Wärme ohne Lichteinfluss genügt schon, um die Qualität des Olivenöls massiv zu beeinträchtigen: Volatile Aromastoffe verflüchtigen sich und das Öl verliert nach und nach seine Fruchtigkeit. Biophenole und Tocopherole werden abgebaut und das Öl büsst neben seiner Charakteristik auch seine Stabilität ein. Das Öl wird "milder". Zerfallsprodukte wie Aldehyde und Ketone bilden sich, was zur Trägheit und Ranzigkeit des Öls führt. Insgesamt laufen die Oxidationsprozesse im Öl bei Temperaturen um 40 °C rund sechsmal schneller ab als bei 20 °C. Auf den Terrassen der Schweiz wird es aktuell aber 60 °C heiss!!


Bei bereits vorbelasteten Ölen werden unter Hitzeeinfluss vorhandene sensorische Defekte – etwa Essigstich – deutlich akzentuiert.


Ob Spitzenöl- oder einfaches Vergine-Öl: Der vollen Sommer-Sonne ausgesetzt, wird das Produkt in kürzester Zeit ungeniessbar. Das ist ein unumstösslicher Fakt.



Spitzenkoch Antonio Colaianni schenkt Olivenöl am Tisch aus. Und versorgt die Flasche wieder.

Antonio Colaianni (Bild: zVg)
Antonio Colaianni (Bild: zVg)

Zürichs Lieblings-Italiener, Antonio Colaianni, der mit Marco Però gleich zwei Restaurants führt – das Fine-Dining-Lokal La Cucina Colaianni und die riesige Trattoria Freilager, stellt mit wohlwollender Voraussicht keine Ölflaschen auf die Tische seiner Gäste. Sein Premium-Olivenöl La Fèmm'n von Sabino Leone wird von seinen Service-Mitarbeitern am Tisch in Schälchen gegossen, während die Gäste einige interessante Hintergrundinfos zum Produkt erhalten. Dann wird die Flasche wieder verschlossen und dorthin versorgt, wo es ihr am besten gefällt: Im dunklen und kühlen Innenraum. Das hat Stil. Und das bedeutet Wertschätzung diesem fantastischen Produkt gegenüber.


Colaianni selbst sagt zu seiner Service-Praxis: «Olivenöl sollte möglichst vor Licht, Sauerstoff und Wärme geschützt werden. Aus diesem Grund schenken wir das Öl direkt am Tisch in Schälchen ein. Dadurch garantieren wir bestmögliche Frische.»



Kleinere Formate wählen

Die Trattoria Freilager in Zürich bewirtet mittags und abends sehr viele Gäste, da öffnet der Service quasi-täglich mehrere neue Halbliter-Ölflaschen. Die Rotation ist hoch genug, damit das Öl nicht verderben kann.


Aber grundsätzlich empfehlen sich zum Zweck des Ausschanks an Gäste kleinere Gebinde. Viertelliter-Gebinde, 100-ml-Flaschen oder gar 20-ml-Mono-Portionen in Fläschchen. Bei der letzteren Variante kann das Gebinde ohne Bedenken auf den Tisch gestellt werden – der Gast wird den Inhalt innerhalb weniger Minuten aufbrauchen oder das Anbruchfläschchen mit nach Hause nehmen.



Im Kühler aufbewahren

Wenn die Ölflasche nicht gerade im Einsatz ist, sollte sie in einem Kühler lichtgeschützt zwischen 12 und 15 °C aufbewahrt werden. So gewährt man den Gästen höchstmögliche Frische. Das gilt für den professionellen wie für den privaten Gebrauch. Öle, die nicht ausflocken (zum Beispiel Finca la Torre Hojiblanca), dürfen zu Hause auch in den üblichen Kühlschrank gestellt werden.


Olivenöl bei 12- bis 15 °C zu lagern, empfiehlt auch Athanasius Gadanidis, ein griechischer Olivenöl-Forscher, der sich mit den sekundären Pflanzenstoffen im Olivenöl auseinandersetzt. Er sagt: «Vor 60 Jahren wusste in Griechenland jeder, dass Olivenöl kühl gelagert werden muss. In den Dörfern bewahrte man es im Weinkeller auf, wo das ganze Jahr über Temperaturen von etwa 12 bis 15 °C herrschten. Dort lagerte man das früh geerntete Olivenöl.»


Dieser Temperaturbereich sei ideal, um den hohen Biophenolgehalt von nativem Olivenöl extra zu bewahren. In diesem Bereich werde das Öl ohne Gefrieren oder Ausflocken gekühlt. Denn, wenn das Öl in Flaschen abgefüllt und bei durchschnittlich 25 °C gelagert werde, verliere es innerhalb von 12 Monaten im Durchschnitt 46 % seines Polyphenolgehalts.[2]


Und weiter meint Gadanidis: «Die gesundheitlichen Vorteile solcher Olivenöle bleiben nur erhalten, wenn die Temperatur über die gesamte Lieferkette hinweg kontrolliert wird.»


Das ist ein wesentlicher Hinweis. Denn selbst im Geschäft mit Premium-Olivenöl wird die überwiegende Mehrheit der Transporte nicht temperaturkontrolliert durchgeführt. Aber, wer jetzt in Andalusien frisch abgefülltes Premium-Olivenöl abholt und dabei auf einen billigen – sprich herkömmlichen – Transport mit Planen-LKW setzt, hat Grundlegendes nicht begriffen.


Der Import einer Palette Olivenöl aus Andalusien in die Schweiz dauert im Stückguttransport rund eine Woche – mit Planen-LKW. Aktuell herrschen in Andalusien – je nach Provinz – Temperaturen über 40 °C. Die Asphalttemperatur kann dabei 80 °C oder gar mehr erreichen. Das bedeutet für das zu transportierende Olivenöl höchstmöglichen Stress. Und eine sichere Qualitätseinbusse, wenn es nicht fachgerecht transportiert wird.


Hübsche Wetteraussichten in Sevilla für die erste Juli-Woche 01.07.2025-08.07.2025
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In einem Planen-LKW kann sich das Olivenöl demnach auf 60 °C oder mehr erhitzen. Glasflaschen speichern Wärme, so dass die Temperatur auch über Nacht in keine akzeptable Zone sinkt. Deshalb gibt es nur eine Möglichkeit, wie aktuell Olivenöl sicher transportiert werden kann: Temperaturgeführt bei maximal 18 °C. Die Mehrkosten für gekühlte Sendungen sind überschaubar.





Olivenöl ist und bleibt eine Vertrauenssache. Nicht nur die Selektion ist delikat, sondern auch das Handling. Wer jetzt im Sommer, zur Hochzeit des Olivenölkonsums, in den Genuss von bestmöglicher Qualität kommen will, muss Glück haben, dass die Anbieter (ob Erzeuger, Importeuer, Händler oder Gastronom) ihr Handwerk verstehen und das edle Produkt mit dem nötigen Respekt behandeln.





Quellen

[1] Qualität von Olivenöl in Tischmenagen oft ungenügend, Kantonales Labor Zürich, 12.06.2025; zu finden unter: https://www.zh.ch/de/news-uebersicht/mitteilungen/2025/gesundheit/lebensmittel/qualitaet-von-olivenoel-in-tischmenagen-oft-ungenuegend.html

[2] GADANIDIS Athanasius, How Cool is Your Olive Oil?, Medium, 23.08.2023; zu finden unter: https://athan.medium.com/how-cool-is-your-olive-oil-77391f7691b8

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