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Kritik am mdr Beitrag "Welches Speiseöl eignet sich für welchen Zweck?"


Welches Öl zu welchem Zweck. Welches dient der Marktwirtschaft am besten?

Google servierte mir heute Morgen quasi als Frühstückslektüre einen gestern durch den mdr veröffentlichten Beitrag über den Verwendungszweck von Speiseölen. Interessehalber lese ich solche Artikel regelmässig, auch wenn ich mir unterdessen abgewöhnt habe, irgendwelche Erwartungen an sie zu haben. Selten ist einer wirklich gut, ist fundiert recherchiert, reflektiert und stellt kritische Fragen. Sprich, am Ende des Tages sind sie alle unbrauchbar. Trotzdem haben sie nicht zuletzt für Konsumenten teilweise weit reichende Konsequenzen.


Nun gut, beim jüngsten Beitrag des Mitteldeutschen Rundfunkes öffnete ich dessen Link ohne jegliche Erwartungshaltung, denn auch hier hätte das wieder einmal mehr in einer Enttäuschung geendet. Ich entschloss mich aber, diese wenigen Zeilen hier darüber zu verlieren. Für Sie, damit Sie, nicht, wie womöglich viele andere Leserinnen und Leser, in Versuchung kommen, dem bei mdr Geschriebenen Glauben zu schenken.


Natives Olivenöl extra ist hoch erhitzbar und relativ lange haltbar

Interessant ist die Feststellung, dass Stiftung Warentest am 24.10.2018 die Ergebnisse ihres jüngsten Rapsöltests veröffentlicht hat und der gestern publizierte Artikel von mdrnicht nur sehr Rapsöl freundlich gestaltet ist, sondern auch Dr. Birgit Rehlender von Stiftung Warenstest als Expertin zitiert.



«Gute Speiseöle haben aus ernährungswissenschaftlicher Sicht einen niedrigen Anteil an gesättigten Fettsäuren und sind reich an einfach ungesättigten Fettsäuren. Sie sind auch reich an Vitamin E und sollten sich vor allen Dingen vielseitig einsetzen lassen. Das alles erfüllt Rapsöl am besten.» - mdr-Artikel

Als "sponsored content" ist dieser Artikel nicht vermerkt, folglich dürfte es sich offiziell nicht um einen PR-Beitrag zugunsten des Rapsöles handeln. Als sorgfältig recherchiert und aufbereitet kommt dieser Beitrag aber auch nicht daher, weshalb dem Inhalt - wie beim "sponsored content" nicht blindlings vertraut werden darf. So wird behauptet, dass Rapsöl das beste Fettsäureprofil aller "guten" Speiseöle habe und darüber hinaus auch den besten oder höchsten - genau zu definieren ist dieser Terminus nämlich nicht - Anteil an Vitamin E.


Das Argument, dass etwas aus "ernährungswissenschaftlicher Sicht" so oder so beschaffen sein sollte, ist ein Keulenargument und wird nicht selten zur wissentlichen Manipulation der Konsumgesellschaft verwendet. Der im mdr-Artikel aufgestellten Behauptung, dass gute Speiseöle einen niedrigen Anteil an gesättigten Fettsäuren haben müssen, halte ich entgegen, dass sich die Mehrheit der Menschen Jahrtausende lang vor allen von Fetten ernährt haben, die reich an gesättigten und einfach ungesättigen Fettsäuren gewesen waren. Sie haben nämlich Tiere erlegt, Wurzeln ausgegraben, Blätter verzehrt und Früchte sowie Nüsse gegessen, jedoch nie ein Öl, aus Kernen oder Saaten gewonnen, konsumiert. Der Trend des Konsums von industriell gewonnenen pflanzlichen Fetten mit hohen Anteilen an deutlich unstabilen und reaktiven mehrfach ungesättigten Fettsäuren gibt es erst seit dem letzten Jahrhundert. Diese Entwicklung ereignete sich aus rein ökonomischer und nicht etwa aus ernährungswissenschaftlicher Sicht. So kennen wir das heute von uns in Massen verzehrte Rapsöl erst seit knapp 40 Jahren. Vorher war das Öl der Rapssaat nicht zu essen. Erucasäure und die Senfölverbindung Glucosinolat waren derart hoch, dass von einem Verzehr des Rapsöles dringend abgeraten wurde. Säugetiere, die sich am Raps gütlich getan hatten, überlebten das in der Regel nicht. Sie vertrugen Glucosinolat in dieser hohen Menge nicht und tun es auch heute noch nicht.


Raps - umgezüchtet, um den Markt mit billigem Fett überschwemmen zu können

Während Raps und Senf in ihrer natürlichen Form hohe Konzentrationen an Erucasäure aufweisen (mehr als 40% der Gesamtfettsäuren), liegt der Gehalt bei Raps, der heute für Lebensmittelzwecke angebaut und entsprechend 00-Raps genannt wird, in der Regel unter 0,5 %. Erst im Jahr 1976 setzte die EU Höchstgehalte für Erucasäure als Verunreinigung in pflanzlichen Ölen und Fetten sowie in Lebensmitteln, denen pflanzliche Öle und Fette als Zutat zugesetzt werden, fest. Darüber hinaus wurden für Säuglingsanfangs- und Folgenahrung spezifische Höchstgehalte festgelegt, die fünfmal niedriger sind als die für andere Lebensmittel. Im Rahmen einer Überprüfung dieser Höchstgehalte wurde die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) um eine neue Risikobewertung ersucht.


Tierversuche zeigen, dass die Aufnahme von Ölen, die Erucasäure enthalten, im Laufe der Zeit zu einer als myokardiale Lipidose bezeichneten Herzerkrankung führen kann. Diese ist temporär und reversibel. Andere potenzielle bei Tieren beobachtete Wirkungen – einschließlich Gewichtsveränderungen der Leber, Niere und Skelettmuskulatur – treten bei etwas höheren Dosen auf.


Ausgehend von diesen Informationen haben die Sachverständigen des EFSA-Gremiums für Kontaminanten in der Lebensmittelkette (CONTAM-Gremium) eine tolerierbare tägliche Aufnahmemenge von 7 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht (mg/kg KG) pro Tag bestimmt.


Schweinehalter haben heute noch Vorbehalte gegen Rapsfuttermittel

Früher waren die Glucosinolatkonzentrationen im Raps so hoch, dass die Futteraufnahme, die Leistung und teilweise sogar die (Schilddrüsen-) Gesundheit der Nutztiere beeinträchtigt wurden. Der heute angebaute 00-Raps (0 Erucasäure; 0 Glucosinloat) enthält nur noch einen Bruchteil an Glucosinolaten im Vergleich zu den alten, ursprünglichen und natürlichen Rapssorten. Aus der Historie heraus bestehen allerdings heute noch bei vielen Tierhaltern Vorbehalte gegenüber dem Einsatz von Rapsfuttermitteln. Und das ist kaum grundlos.


Nährstoffreiche Pflanzen produzieren eine große Bandbreite an chemischen Verbindungen, die zum Schutz vor Herbivoren (Pflanzenfressern) oder Pathogenen dienen. Zu diesen chemischen Verbindungen zählen auch Glucosinolate, eine Gruppe von schwefelhaltigen Metaboliten. Glucosinolate kommen fast ausschliesslich in Kreuzblütern vor - so auch in den Nutzpflanzen Raps, Kresse, Senf, Meerrettich und Kohl, um nur einige zu nennen. Der eigentliche Abwehrstoff dieser Pflanzen - das Senföl - wird nur dann aktiviert, wenn die Pflanze beispielsweise durch Frassfeinde mechanischen Schaden erleidet. Dann nämlich kommen die in den Zellen eingeschlossenen Schwefel-Glucose-Verbindungen mit einem Enzym namens Myrosinase in Kontakt, woraus dann die sogenannte "Senfölbombe" hydrolysiert wird, resp. entsteht. Das erklärt auch, warum der Meerrettich im Ladenregal liegend nach nichts riecht und entsprechend erst dann in der Nase zu beissen beginnt, wenn wir ihn schneiden oder raspeln und so der Pflanze ermöglichen, aus Schwefel-Gucose-Verbindungen und Myrosinase Senföl zu produzieren.


Nun gut, Raps ist umgezüchtet und heisst in seiner heutigen Form Doppel-Null-Raps. Jetzt ist er frei von Erucasäure und fast frei von Glucosinolaten. Allerdings enthält das aus der Rapssaat gewonnene Öl die sehr reaktionsfreudige mehrfach ungesättigte Fettäsure alpha-Linolensäure, die weder Hitze, noch Sauerstoff besonders gut verträgt, ohne dabei zu oxidieren. Bei gängigen Herstellungsverfahren werden Rapsöle mit Druck, Reibung, Hitze und Lösungsmitteln (Hexan: bitte lesen Sie mal das Anwendungs- und Sicherheitsdatenblatt dazu) gewonnen. Beachtet man nun, dass die Oxidationsneigung von Linolensäure-Resten (dreifach ungesättigt) über 2'500 mal höher ist als jene von Stearinsäure-Resten (gesättigt), wird klar, dass die alpha-Linolensäure schwer industrielle Verarbeitungsmethoden, wie sie in der Rapsölproduktion anzutreffen sind, nicht schadlos überstehen kann.


Weil die Industrie diese Tatsache ebenso begriffen hat und den Menschen nicht mehr Rapsöl zum Anbraten und Kochen vorsetzen will, hat sie kurzerhand neue Zuchtpläne aufgestellt und eine neue Rapssorte kreiert. Eine, die ein Fettsäureprofil ähnlich einer Olive aufweist und deren Öl sich ähnlich gut wie jenes einer Olive erhitzen lässt. Die Forscher, unter freudiger Mitwirkung des Bundes (Schweiz) und der fenaco (wo Ueli Maurer mal Verwaltungsrats-Vizepräsident war), haben die alpha-Linolensäure rausgezüchtet und der Pflanze dafür etwas mehr Ölsäure (in der Olive vorkommend) verpasst. Jetzt heisst das neue Produkt HOLL-Rapsöl (High Oleich Low Linolenic). Mit dem darf man jetzt anbraten. Genauso hoch wie mit dem Olivenöl. Bei der Sonnenblume heisst dieses Kunststück HO-Sonnenblumenöl. Mit ihm lässt sich ebensi frittieren, wie mit Olivenöl. Mit dem Unterschied, dass beim Olivenbaum niemand derart rumgewurstelt hat.


Tocopherol ist nicht gleich Tocopherol

Zum Vitamin-E-Gehalt in Rapsöl sei zu vermerken, dass es sich, anders als bei Sonnenblumenöl und Olivenöl, nicht um das gesundheitlich vorteilhafte alpha-Tocopherol, sondern um gamma-Tocopherol handelt, welches dafür bekannt ist, dass es von Menschen mit Atemwegserkrankungen schlecht vertragen wird. Während alpha-Tocopherol die Lungenfunktion verbessert, kann gamma-tocopherol diese beeinträchtigen. gamma-Tocopherol kommt ausserdem in Sojaöl vor.


Die gesundheitlichen Vorteile von Rapsöl scheinen sich tatsächlich in Grenzen zu halten. Für die Industrie ist es aber allemal interessanter als Olivenöl. Das merken auch die Medien und Verlagshäuser. Kritische Rapsölbeiträge sind aus ökonomischen Gründen deshalb eher selten.


Bewahren Sie ruhig Blut, bleiben Sie beim Schweinebraten, bei der Butter und natürlich beim Olivenöl. Und ja, achten Sie hin und wieder auf die Rückseite einer Lebensmittelverpackung, denn billig produzierte Pflanzenöle verstecken sich fast überall. Und die, ja die brauchen wir schlicht und einfach nicht.



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