PepsiCo will in seinen Snacks Raps- und Sojaöl vermehrt durch Olivenöl und Avocadoöl ersetzen
- Silvan Brun
- 22. Juli
- 3 Min. Lesezeit

Vollzieht ein globaler Nahrungsmittelkonzern gerade eine bemerkenswerte Kehrtwende?
PepsiCo kündigte jüngst nicht nur an, seine beliebten Snackmarken Lay’s und Tostitos ohne künstliche Aromen und Farbstoffe neu lancieren zu wollen, sondern im gesamten Snackbereich künftig den Fokus auch auf bessere Fette zu legen. Statt Sojaöl und Rapsöl sollen vermehrt Avocadoöl und Olivenöl zum Einsatz kommen.
Dieser Schritt erfolgt, wie dem Nachrichtenportal Reuters zu entnehmen ist, unter dem wachsenden Einfluss der "Make America Healthy Again"-Bewegung, die vom neuen US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. angeführt wird. Im Zentrum dieser Bewegung steht die Forderung, hochverarbeitete, industrialisierte Lebensmittelzusatzstoffe resp. -zutaten zu ersetzen – darunter synthetische Farb- und Aromastoffe sowie oxidierte Samenöle, wie sie in den USA seit Jahrzehnten allgegenwärtig sind.
PepsiCo-CEO Ramon Laguarta sagte demnach in einem Briefing an Investoren:
«Wenn man über den einfachsten und natürlichsten Snack nachdenkt, dann ist es eine Kartoffel, ein Öl und etwas Salz – ohne künstliche Zusatzstoffe.»
Ein simpler Snack ist aber nicht unbedingt ein gesunder, wenn das verwendete Öl aus industrieller Raffination stammt und deshalb bereits vor der Chips-Produktion oxidativ vorbelastet ist.
Industriell verarbeitete Samenöle sind in den USA in jüngster Zeit stark in Verruf geraten. Sie gelten als ultrahochverarbeitete Nahrungsmittel, die praktisch in jedem Snack, in jeder Backware, in jeder Fertigmahlzeit und in jedem Dressing enthalten sind. Man schätzt, dass 30 Prozent der täglichen Kalorienzufuhr eines durchschnittlichen US-Amerikaners durch raffinierte Samenöle beigesteuert werden. Sie stehen ausserdem im Verdacht, zur Entstehung verschiedener metabolischer Erkrankungen beizutragen. Auffällig ist dabei die Korrelation zwischen dem steigenden Konsum dieser Öle und der Zunahme entsprechender Krankheitsbilder.
Olivenöl ist nicht dasselbe wie Olivenöl Extra Vergine
Wenn PepsiCo nun von Olivenöl spricht, das er vermerht anstelle der immer unbeliebter werdenden Samenöle einsetzen will, meint der Konzern aber keineswegs hochwertiges Olivenöl der ersten oder zweiten Güteklasse. Vielmehr bezieht sich "Olivenöl" auf die fünfte Güteklasse. Dabei handelt es sich faktisch ebenso um ein hochraffiniertes Produkt wie Samenöle. Es besteht laut Angaben Industrievertreter oft aus 80 Prozent raffiniertem Olivenöl der vierten Güteklasse und 20 Prozent nativem Olivenöl der zweiten Güteklasse. Während "natives Olivenöl" als Lebensmittel(-zutat) zugelassen ist, darf ein Produkt, das ausschliesslich "raffiniertes Olivenöl" enthält, weder an Endkonsumenten noch an Nahrungsmittelverarbeitet abgegeben werden. Erst durch die Mischung der Öle aus den beiden genannten Kategorien entsteht im juristischen Sinne ein neues, verkehrsfähiges Nahrungsmittel. Für das Mischverhältnis gibt der Gesetzgeber allerdings keine Grenzwerte vor, weshalb anzunehmen ist, dass es gängige Praxis der Industrie ist, 99 Prozent raffiniertes und 1 Prozent natives Olivenöl miteinander zu vermengen.
So entsteht raffiniertes Olivenöl
Raffiniertes Olivenöl entsteht in der Regel aus qualitativ minderwertigem, nicht verzehrfähigem nativem Olivenöl. Umgangssprachlich ist diese dritte Kategorie der nativen Olivenöle als "Lampenöl" bekannt. Offiziell heisst die Kategorie "Lampantöl". Lampantöl muss, um es wieder verzehrfähig machen zu können, zunächst gesäubert werden. Der erste Schritt ist die sogenannte Entsäuerung, bei der das Öl mit Natronlauge (Natriumhydroxid) versetzt wird. Die freien Fettsäuren reagieren dabei zu Seifen, die mit warmem Wasser ausgewaschen werden. Dieser Prozess dauert rund eine Stunde. Anschliessend erfolgt das Bleichen, bei der Adsorptionsmittel wie Bleicherde oder Aktivkohle eingesetzt werden, um Farbstoffe, Oxidationsprodukte und andere unerwünschte Bestandteile zu binden und herauszufiltern. Dieser Vorgang nimmt rund 15 bis 45 Minuten in Anspruch. Im dritten Schritt wird das Öl desodoriert – unter Vakuum und Temperaturen zwischen 180 und 240 °C werden flüchtige Substanzen wie Geruchsstoffe und Reste von sekundären Pflanzeninhaltsstoffen entfernt. Dieser Desodorierungsprozess dauert je nach Anlage und Setting zwischen 30 und 90 Minuten. Das Ergebnis dieses intensiven Säuberungsvorgangs ist ein nahezu farb- und geruchloses Öl mit nicht-flüchtigen Oxidationsprodukten, das im Lebensmittelrecht als "raffiniertes Olivenöl" bezeichnet unter der vierten Güteklasse geführt wird. Anschliessend wird dieses Produkt mit einem geringen Anteil an nativem Olivenöl verschnitten, wodurch die fünfte Güteklasse "Olivenöl" entsteht. Erst jetzt ist das Produkt wieder als Nahrungsmittel verkehrsfähig.
Symbolischer Systemwechsel?
PepsiCo will im Zuge der MAHA-Bewegung zweifelsohne als verantwortungsvoller Nahrungsmittelkonzern wahrgenommen werden. Die angekündigte Substitution von künstlichen Farb- und Aromastoffen sowie von Samenölen könnten PepsiCo tatsächlich zu einem besseren Image verhelfen.
Der Schritt bleibt – ganz im Sinne eines börsenkotierten Konzerns – vor allen Dingen auch ein symbolischer, um keine Kunden zu verlieren oder um neue dazuzugewinnen. Das ist legitim. Die Kunden sollten aber wissen, dass die Snacks vor allen Dingen durch das Zerlegen der Rohstoffe und Wieder-Zusammenfügen sowie durch das Frittieren ultrahochverarbeitete Nahrungsmittel bleiben. Und dass "Olivenöl" oder "Avocadoöl" – angesichts ihres Verarbeitungsgrades – gegenüber den raffinierten Samenölen nur eine geringere Verbesserung darstellen.
