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ÖKO-TEST - Die Falschspieler vom Dienst. Mit Olivenöl kann man sehr wohl anbraten!


Anbraten mit nativem Olivenöl extra? Ja, aber sicher! (Bild: 123rf)
Anbraten mit nativem Olivenöl extra? Ja, aber sicher! (Bild: 123rf)

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in Master of Olive Oil



Unglaublich aber dennoch wahr. ÖKO-TEST, das Magazin, das Hersteller und Inverkehrbringer von "was auch immer" das Fürchten lehren will, in dem es nach unsinnigen und bisweilen auch unwissenschaftlichen Tests mit der Veröffentlichung deren Resultate Produkte und Unternehmen abkanzelt und regelrecht abstraft, widerspricht sich im eigenen Artikel vom 6. Mai 2022 "Olivenöl richtig anwenden: Eignet sich Olivenöl zum Braten?"[1] diametral. Das zeugt vom grossen Unvermögen dieses "Blattes". Und auch, dass man sich als Leser von ÖKO-TEST die Abonnement-Gebühren sparen kann.


«Fruchtig, herb oder leicht bitter: Olivenöl sorgt beim Essen für feines Aroma. Aber nicht jedes Olivenöl eignet sich zum Braten.», meint ÖKO-TEST im jüngsten "redaktionellen" Beitrag über Olivenöl. Benita Wintermantel, die diesen Artikel schreibende Redakteurin, hat den längst stattfindenden Frühling offensichtlich komplett verschlafen. Denn, was sie am 6. Mai 2022 als Quasi-Ratgeber veröffentlicht, lässt den treugläubigen Leser in Tat und Wahrheit in einem harschen Wintersturm stehen. Oder prosaisch ausgedrückt: Wintermantel führt ihre Leserschaft nicht nur kulinarisch, sondern auch gesundheitlich in die Irre.


Gleich zu Beginn ihres ÖKO-TEST-Artikels stellt Wintermantel, die - nicht zufällig - auch für Utopia.de (Utopie = phantastische Vorstellung ohne reale Grundlage, Wunschtraum, Hirngespinst’) phantasiert, zwei Behauptungen auf:


  1. Für scharfes Anbraten bei hohen Temperaturen und zum Frittieren eignet sich am besten raffiniertes Olivenöl.

  2. Bei kaltgepresstem (nativem) Olivenöl ist Backen und Braten hingegen nur bis 180 Grad unproblematisch.

Wintermantels Argumentation, warum sich "raffiniertes Olivenöl" zum Anbraten und Frittieren besser eignen soll als natives Olivenöl, lässt in Sachen Phantasie keine Wünsche offen: «Raffiniertes Olivenöl ist chemisch verarbeitet und besitzt kaum gesunde Inhaltsstoffe mehr. Dadurch enthält das Öl auch keine Stoffe mehr, die beim Verbrennen gefährlich werden können. Es ist damit bei hohen Temperaturen ungefährlich. Raffiniertes Olivenöl erkennen Sie daran, dass auf dem Etikett der Zusatz "extra" oder "nativ" fehlt.»




Wintermantel, für dieses grobfahrlässige journalistische Vergehen könnte Ihnen im juristischen Sinne manch einer das Fell über die Ohren ziehen.

- Master of Olive Oil




Die Behauptungen und Erklärungen von Benita Wintermantel sind natürlich falsch wie sie falscher nicht sein könnten. Natives Olivenöl extra ist deshalb hitzebeständiger als das "Olivenöl", was in Wahrheit eine Mischung aus raffinierten und nativen Olivenölen ist (Verhältnis 99%:1% erlaubt), weil es antioxidativ wirkende sekundäre Pflanzenstoffe (unverseifbare Anteile) enthält, welche die Fettsäuren vor ihrer Dekompensation schützen. Erst wenn diese "aufgebraucht" sind (was zum Beispiel bei fortwährender grosser Hitze passieren kann), beginnen die Fettsäuren, zu dekompensieren - angefangen mit der reaktivsten sprich der am wenigsten gesättigten.


Eine australische Studie, die sich im Jahr 2018 mit der Bewertung der chemischen und physikalischen Veränderungen verschiedener handelsüblicher Öle während der Erhitzung befasste, förderte zutage, dass sich natives Olivenöl zum Erhitzen von allen herkömmlichen Speiseölen am besten eignet.[2] Die Autoren schreiben: «Diese Studie zeigt, dass unter den in der Studie verwendeten Bedingungen der Rauchpunkt die Leistungsfähigkeit des Öls beim Erhitzen nicht voraussagen kann. Die Oxidationsstabilität und die UV-Koeffizienten sind in Kombination mit dem Gesamtgehalt an PUFAs bessere Prädiktoren. Von allen getesteten Ölen erwies sich EVOO als das Öl, das nach dem Erhitzen den geringsten Gehalt an polaren Verbindungen aufwies, dicht gefolgt von Kokosnussöl.» Und weiter: «EVOO erzeugte geringe Mengen an polaren Verbindungen und oxidativen Nebenprodukten, im Gegensatz zu den hohen Mengen an Nebenprodukten, die bei Ölen wie Rapsöl entstanden. Aufgrund des Fettsäureprofils und des natürlichen Gehalts an Antioxidantien blieb EVOO beim Erhitzen stabil (im Gegensatz zu Ölen mit einem hohen Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren (PUFAs), die sich schneller zersetzten).»


Wintermantel riskiert mit ihrem fahrlässig-irreführenden Artikel Kopf und Winterkragen. Für dieses grobe journalistische Vergehen, für das es keinerlei Rechtfertigung gibt, könnte ihr im juristischen Sinne manch einer das Fell über die Ohren ziehen.


So weit, so gut. Meine Kollegin aus Deutschland, Michaela Bogner, die eine ausgewiesene Olivenölexpertin ist und ihr Hand- ja Nasenwerk beim Pionier Marco Mugelli gelernt hat, geht in ihrem preisgekrönten Buch "SuperOlio"[3] unter anderem auch der Frage nach, warum man natives Olivenöl extra zum Anbraten einsetzen kann. Dazu führte sie ein lesenswertes Interview mit Maurizio Servili, Professor für Lebensmittelwissenschaften und -technologie der Universität Perugia[4], der seinerseits einer der profiliertesten Olivenölphenolforscher der Gegenwart ist.



 

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«Wenn ich ein hochpolyphenolhaltiges Olivenöl benutze, dann blockieren die Phenole die Bildung freier Radikale [..] Wenn es vor dem Braten oder Grillen in das Fleisch einmassiert wird, oxidiert das Fleischfett nicht.»

- Maurizio Servili, Professor für Lebensmittelwissenschaften und -technologie




Ich zitiere aus dem Buch SuperOlio, S. 167:

Michaela Bogner: «Wenn ich mich recht erinnere, sind Polyphenole nicht hitzestabil. Sie plädieren für den Einsatz hochpolyphenolhaltiger Olivenöle beim Kochen und Braten. Warum?»

Maurizio Servili: «Es gibt mehrere gute Gründe dafür. Machen wir zum Beispiel als Basis einer Pastasauce, wie etwa Tomatensauce, ein Soffritto - wir schwitzen also Zwiebeln und eventuell anderes Gemüse in Olivenöl an, bis das Wasser aus dem Gemüse verdunstet ist - dann erreicht das Olivenöl in dieser Kochphase Temperaturen zwischen 180 und 200 °C. Bei diesen Temperaturen neigt das Öl dazu, zu oxidieren und somit freie Radikale zu bilden, die über einen langen Zeitraum konsumiert einen negativen Effekt auf die Gesundheit haben. Wenn ich ein hochpolyphenolhaltiges Olivenöl benutze, dann blockieren die Phenole die Bildung freier Radikale, und darüber hinaus behalten die Phenole, die nicht oxidieren, ihre bioaktive Wirkung. Wenn ich im nächsten Schritt passierte Tomaten oder geschälte Dosentomaten, die Wasser enthalten, zum Soffritto dazugebe, dann gehen diese bioaktiven Phenole in die Tomatensauce über, weil sie wasserlöslich sind. Was passiert an diesem Punkt des Kochvorgangs? Die Phenole schützen die in der Tomatensauce vorhandenen bioaktiven Moleküle wie Vitamin E, Beta-Carotin, und Lycopin vor dem oxidativen Abbau. Gleichzeitig hydrolysieren die phenolischen Verbindungen aus dem Öl in der Tomatensauce, d. h., die phenolische Struktur bricht auf, es behält seine bioaktiven Eigenschaften, aber nicht die sensorischen. Sie schmecken also nicht mehr die intensiven Bitternoten und die Schärfe eines hochpolyphenolhaltigen Öls, aber Sie haben gleichzeitig eine Tomatensauce, die reicher an Vitamin E, Beta-Carotin und Lycopin und vor allem reicher an phenolischen Verbindungen ist, weil die hydrolysierten Phenole eben immer noch bioaktiv wirken. Auch beim Braten von und Grillen von Fleisch mit hochpolyphenolhaltigem Olivenöl stellen sich positive Effekte ein. Wenn es vor dem Braten oder Grillen in das Fleisch einmassiert wird, oxidiert das Fleischfett nicht. Sie verzehren also ein Fleisch, das keine freien Radikale enthält, weil die phenolischen Verbindungen im Öl auch die Oxidation im Fleischfett blockieren. Das sind alles gute Gründe, den Einsatz von nativem Olivenöl extra in der Küche komplett zu überdenken.»


Ja, und diesen frühlingshaften Rat Servilis, welcher der Gesundheit durchaus zuträglich ist, gebe ich gerne an Benita Wintermantel weiter. Und gleichzeitig dürfen wir erleichtert konstatieren: Gutes natives Olivenöl extra wird von Experten, die von der Materie nachgewiesenermassen etwas verstehen, zum Anbraten und Frittieren gar empfohlen.


An anderer Stelle empfiehlt Benita Wintermantel skurrilerweise das Olivenöl - allerdings ohne, dass sie es merkt und ohne, dass sie es namentlich erwähnt - zum Anbraten. Gegensätzlicher könnten ihre Zeilen nicht sein. Sie notiert im besagten Artikel nämlich: «Mehrfach ungesättigte Fettsäuren: gesund, aber hitzeempfindlich[.]» Und weiter: «Die Fettsäuren sind ein wichtiger Anhaltspunkt bei der Frage, wie hitzestabil oder hitzeempfindlich ein Öl ist. Öle mit einem hohen Anteil mehrfach ungesättigter Fettsäuren gelten zwar laut DGE als besonders gesund, Hitze vertragen diese Öle aber nicht. Je mehr einfach ungesättigte Fettsäuren ein Öl enthält, umso eher ist es für ein scharfes Anbraten geeignet.»


Wie ist es dann allerdings zu erklären, dass Wintermantel eingangs Artikel noch meinte, native Olivenöle eigneten sich nicht zum Anbraten? Immerhin ist Olivenöl eines jener fetten Öle, die einen sehr hohen Anteil an einfach ungesättigten Fettsäuren und nur einen unwesentlich Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren beinhalten. Wintermantel, davon bin ich überzeugt, dürfte auf diese Frage auf die Schnelle keine fundierte Antwort liefern können.


Fakt ist, fette Öle mit höherem Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren (engl. abbrev. PUFA für Polyunsaturated Fatty Acids) haben eine niedrigere Viskosität (sind weniger zähflüssig sprich sind flüssiger) und sind hitzeempfindlicher als fette Öle mit einem niedrigeren Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Ihnen fehlen an mehreren entsprechenden Stellen Wasserstoffatome, welche die Kohlenstoffatom-Verbindungen absättigen, weshalb man von (mehrfach) ungesättigten Fettsäuren spricht. Olivenöl zählt zu jenen fetten Ölen, die keinen hohen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren aufweisen und entsprechend oxidationsstabiler und weniger hitzeempfindlich sind.


Ölsäure in Olivenöl ist deutlich oxidationsstabiler als Linolsäure in Sonnenblumenöl oder alpha-Linolensäure in Rapsöl

Die Oxidationsneigung der einfach ungesättigten Ölsäure (C18:1) - mit bis zu 84 % der Ölmenge in Olivenöl enthalten - ist rund hundertmal höher als jene der gesättigten Stearinsäure (C18:0). Zum Vergleich: Die Oxidationsneigung der zweifach ungesättigten Linolsäure (C18:2) - mit bis zu 75 % der Ölmenge in Sonnenblumenöl enthalten - ist 1200 mal höher als jene der Stearinsäure. Die Oxidationsneigung der dreifach ungesättigten alpha-Linolensäure (C18:3) - mit bis zu 15 % der Ölmenge in Rapsöl (gentechnisch manipulierter Raps ist der Anteil gar noch höher) und mit bis zu 75 % der Ölmenge in Leinöl enthalten - ist gar um den 2500-fachen Faktor höher als jene der gesättigten Stearinsäure.[5] Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um raffinierte Öle oder um native Öle handelt.


Dass zahlreiche Gastronomiebetriebe heute auf modifizierte Samenöle wie das HO-Sonnenblumenöl oder das HOLL-Rapsöl setzen, hat damit zu tun, dass diese Öle eine dem Olivenöl nachempfundene Fettsäurestruktur haben und somit besser erhitzbar sind. Olivenöl dient den erhitzbaren Industrieölen in physiologischer Hinsicht also quasi als Blaupause.



 

Quellen [1] ÖKO-Test, Olivenöl richtig anwenden: Eignet sich Olivenöl zum Braten? vom 06.05.2022; zu finden unter https://www.oekotest.de/essen-trinken/Olivenoel-richtig-anwenden-Eignet-sich-Olivenoel-zum-Braten_11124_1.html

[2] DE ALZAA et al., Evaluation of Chemical and Physical Changes in Different Commercial Oils during Heating, Acta Scientific Nutritional Health, Volume 2 Issue 6 June 2018; zu finden unter https://actascientific.com/ASNH/pdf/ASNH-02-0083.pdf

[4] Maurizio Servili; zu finden unter https://www.unipg.it/personale/maurizio.servili/didattica

[5] Ranzig, Zustand, in den Fette und andere Lipide durch Oxidation oder durch fettspaltende Enzyme (Lipasen) zerfallen, Absatz Verlauf, Wikipedia; zu finden unter https://de.wikipedia.org/wiki/Ranzig_(Fett)


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