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Türkei wird zweitgrösster Olivenölhersteller der Welt. Aber die Erzeuger leiden unter strukturellen Problemen.

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475'000 Tonnen. So viel Olivenöl hat die Türkei in der Kampagne 2024/2025 produziert – ein historischer Höchststand, der das Land hinter Spanien zum zweitgrössten Produzenten der Welt hat anwachsen lassen. Die Sorten Ayvalık-Edremit, Memecik, Gemlik und Domat stehen für eine Olivenkultur, die tief in der Geschichte des Landes verankert ist.


Während die Produktionszahlen glänzen, sieht die wirtschaftliche Realität und Rentabilität allerdings deutlich weniger rosig aus. Die Inflation in der Türkei liegt aktuell bei 33.5 % (Juli 2025) – zwar leicht rückläufig, aber immer noch auf hohem sehr Niveau. Der Leitzins lag im Juli bei unglaublichen 42.5 Prozent, nachdem er zuvor gar bei 46 Prozent lag. Kredite sind für viele Oliven-Produzenten deshalb nach wie vor kaum zugänglich. Zudem verteuert die schwache Lira – derzeit rund 47.6 für einen Euro – Maschinen, Düngemittel, Pestizide, Flaschen, Verschlüsse und Etiketten spürbar. An Investitionen in die Infrastruktur ist deshalb aktuell überhaupt nicht zu denken.


Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Landwirtschaft von den Folgen des verheerenden Erdbebens 2023 nur sehr geringfügig erholt hat. In den betroffenen 11 Provinzen gingen über 20 % der landwirtschaftlichen Produktion verloren. Die Schäden an Infrastruktur, Maschinen und Bewässerungssystemen summierten sich auf über 1.3 Milliarden US-Dollar – mit wirtschaftlichen Folgeschäden von über 5 Milliarden. Strukturelle Investitionen, die helfen könnten, solche Verluste künftig abzufedern, fehlen weiterhin.




Die Qualität des Grossteils der produzierten türkischen Ölmenge ist deutlich unterhalb der Kategorie "nativ extra" anzusiedeln.



Damit nicht genug. Die Exportpolitik des Staates Türkiye Cumhuriyeti agierte in der Vergangenheit nicht immer im Sinne der Produzenten. 14 Monate lang durften Olivenöle nur in Dosen oder Flaschen exportiert werden – der Bulk-Verkauf resp. der Verkauf in grossen Behältnissen wie IBC-Tanks war verboten. Offiziell, um die Lebensmittelpreise im Inland zu bremsen. In Wirklichkeit hat diese Regelung den Export ausgebremst und Spanien sowie Griechenland den Weg geebnet, günstiges Bulköl in Märkte zu drücken, in denen die Türkei nicht liefern durfte.


Inzwischen ist die Restriktion aufgehoben. Mit durchschnittlich 190 Lira pro Kilo – umgerechnet rund vier Euro – ist türkisches Öl wieder konkurrenzfähig. Doch Märkte, die einmal verloren sind, kommen nicht von selbst zurück.


Was fehlt, ist eine nationale Strategie. Klare Qualitäts- und Rückverfolgbarkeitsstandards. Eine Exportpolitik, die Bulk in gewissem Rahmen zulässt, ohne den Wert von Flaschenware zu untergraben. Herkunftsschutz über DOP und IGP. Vor allem aber ein Narrativ, das dem osmanischen Öl ein Gesicht gibt.


Die Türkei behauptet zwar, das zu haben, was sich nicht erfinden lässt: Qualität. Aber das stimmt so nicht. Die Qualität des Grossteils der produzierten türkischen Ölmenge ist deutlich unterhalb der Kategorie "nativ extra" anzusiedeln. Aber selbst wenn die Türkei in Massen qualitativ hochwertiges Olivenöl erzeugen würde, verkauft sich das Öl dadurch nicht von alleine. Das türkische Öl braucht ein Gesicht. Es braucht eine Geschichte, die erzählt werden muss. So, wie es die Italiener machen. Sie wissen, wie sich selbst minderwertiges Öl – abgefüllt in hübsche Glasflaschen, deren Etiketten von Zypressen geziert sind – als grünes Gold an ahnungslose Konsumenten verkaufen lässt.


Quellen:

l'OlivoNEWS



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