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Für Sicherheit und Wohlbefinden. Gegen Betrug. Warum wir die Olivenölwirtschaft konsequent anders denken müssen.

Aktualisiert: 29. Aug.

Echtes Extra Vergine Olivenöl ist eine Seltenheit.
Die curatori olei im Römischen Reich kontrollieren Olivenöl aus Baetica (Bild: KI)

Olivenöl. Die Geschichte dieses alten Kulturgutes ist nicht nur eingefärbt von Lobliedern auf dessen positive Wirkung für die menschliche Gesundheit, sondern – und vor allen Dingen – leider auch von nicht abreissen wollenden Meldungen zu Betrugsskandalen. Das grüne Gold gilt als äussert wertvoll und im Vergleich zu modernen Speiseölen, die in industriellen Raffinerien unter Einsatz von zahlreichen Chemikalien, Druck, Hitze und Wasserdampf gewonnen werden, kann das echte native Olivenöl geradezu als naturbelassener Fruchtsaft verstanden werden. Wie können wir also sicherstellen, dass wir das wahrhaftige, echte und gute Olivenöl auf dem Tisch stehen haben?



Olivenöl, oder besser gesagt natives Olivenöl extra, gilt – zu Recht oder zu Unrecht – als eines der gesündesten Speiseöle und nicht zuletzt deshalb wird mit ihm auch Langlebigkeit verbunden. Kein Wunder, denn der Olivenbaum, aus dessen Früchte die Menschen schätzungsweise seit 10'000 Jahren das begehrte Öl gewinnen, kann selbst mehrere Tausend Jahre alt werden, wovon zahlreiche majestätische Exemplare in Europas Süden zeugen.


Im Gegensatz zu Ölen, die aus Saaten gepresst und extrahiert werden, erhält man das sogenannte "Extra Vergine"-Olivenöl aus dem Fruchtfleisch der Olive. Über 1'500 verschiedene Olivensorten soll es geben, wovon die meisten zur Ölgewinnung kultiviert werden. Alleine in Italien soll es über 500 verschiedene Olivenarten geben. So wie die unterschiedlichen Weintrauben in sensorsicher Charakteristik teilweise deutlich unterschiedliche Weine ergeben, so kommt es auch bei den Olivenölen zu einer sehr grossen Vielfalt an unterschiedlichen sensorischen Ausprägungen. Auch ist die Anbauart der Oliven je nachdem (Land, Region, Provinz, Erzeuger, Absatzkanal des Öls), sehr unterschiedlich, was zur weiteren Vielfalt an Angeboten führt. Zudem ist die Erzeugung von Olivenöl aus traditionellen Olivenhainen, welche rund 70 % der spanischen Olivenanbaufläche ausmachen, CO2-negativ, was bedeutet, dass diese Olivenhaine mehr CO2 binden, als bei der Bewirtschaftung, Ernte, Transport und Produktion freigesetzt wird, was es nach heutigem Massstab offenbar noch wertvoller macht.


Aber um es ein bisschen einfacher zu halten: Olivenöl liebt man, man misst ihm einen echten Wert bei, was man von anderen Ölen nicht behaupten kann. Oder haben Sie schon mal erlebt, dass man Ihnen im Restaurant ein Schälchen mit raffiniertem farblosem Sonnenblumenöl gereicht hat, in welches man etwas Brot tunken durfte? Eben!


Dieser Kultstatus, den Olivenöl vielerorts geniesst, macht es – und das ist die Kehrseite der Medaille – zu einem äusserst betrugsanfälligen Produkt.


Wenn man "Brot mit Öl" sagt, meint man für gewöhnlich "Brot mit Olivenöl"! (Bild: AdobeStock)
Wenn man "Brot mit Öl" sagt, meint man für gewöhnlich "Brot mit Olivenöl"! (Bild: AdobeStock)

Vor diesem Hintergrund müssen wir uns die Frage stellen, ob das, was der durchschnittliche Schweizer Konsument ein paar Mal pro Woche über seinen Salat giesst oder gegossen bekommt, tatsächlich Olivenöl ist? Und falls ja, müssen wir uns fragen, ob es sich wirklich um natives Olivenöl extra handelt, also um die erste Güteklasse, so wie es auf dem Etikett der Flasche in grossen Lettern geschrieben steht?


Um es vorwegzunehmen: Es gibt berechtigte Zweifel dafür, dass es sich in den meisten Fällen nicht um natives Olivenöl extra handelt. Im besten Fall handelt es sich um einfaches Olivenöl der zweiten Güteklasse. Häufig um Lampantöl, das nicht zum Verzehr geeignet ist. Und in manchen Fällen könnte sich in der Flasche statt Olivenöl sogar billiges Saatenöl befinden.



Die lange Geschichte des Betrugs

Der Betrug im Olivenölgeschäft ist wohl so alt wie das Geschäft selbst – vielleicht auch deshalb, weil die persönliche Bereicherung dem Menschen von Natur aus eigen ist. Jedenfalls gab es in der Natur der Sache liegend immer schon unterschiedliche Qualitäten von Olivenöl.


So ist es nicht verwunderlich, dass Olivenöl seit jeher häufig gefälscht wurde. Die Begriffe Verschneiden, Mischen und Blenden – zusammen mit Olivenöl genannt – sind heute denn auch deutlich negativ besetzt. Vollends eindeutig wird es spätestens, wenn von Strecken und Panschen die Rede ist, weil diese Terminologien implizieren, dass einer guten Ware zum Zweck der finanziellen Bereicherung eine minderwertige beigemengt wird.


Die unterschiedlichen Qualitäten von Olivenöl wurden bereits von alten Zivilisationen in entsprechende Kategorien eingeteilt.


Die Römer beispielsweise, so geht aus antiken Textquellen (Plinius der Ältere in Naturalis Historia, Buch XV, Kap. 8–9; Columella in De re rustica, Buch XII; Cato in De agri cultura, Kapitel 57 De familiæ cibariis) hervor, kannten zur Abgrenzung der unterschiedlichen Ölqualitäten folgende Begriffe:

  1. Oleum ex albis ulivis – Öl aus unreifen (grünen) Oliven

    Sehr kräftig, lange haltbar, teils für medizinische Zwecke.

  2. Oleum Viride – Öl aus Oliven, die im Farbwechsel sind

    Sehr aromatisches Öl, für die Oberschicht bestimmt

  3. Oleum maturum – Öl aus reifen (schwarzen) Oliven

    Milder, für den täglichen Verzehr, aber weniger lagerstabil.

  4. Oleum cibarium – Geringwertiges Speiseöl

    Für Sklaven oder die arme Bevölkerung, oft aus beschädigten und wurmstichigen Früchten.

  5. Oleum caducum – Öl aus heruntergefallenen Oliven

    Schlechte Qualität, teils ranzig, häufig nur noch für Lampen oder technische Zwecke.


Des Weiteren kannten die Römer folgende Unterkategorien für das Öl aus Oliven:

  1. Oleum flos oder Flos Olei ("Blume des Öls") – Öl, das beim Pressen von selbst herausläuft, ohne zusätzlich ausgeübten Druck. Das Produkt war frisch sehr geschätzt und teuer. Plinius erwähnt, dass dieses Öl schonend und ohne mechanische Belastung gewonnen wurde.

  2. Oleum acetinum – Öl aus Oliven, die bereits (essig-)gärig oder sauer geworden waren. Entsprach einer Art Lampenöl, völlig ungeeignet für den Verzehr.

  3. Oleum fæculentum – trübes Öl mit vielen Schwebstoffen, schlecht haltbar. In technischen Zusammenhängen oder für Lampen genutzt.

  4. Oleum amurca – eigentlich kein Öl, sondern die bittere wässrige Phase meinend, die beim Pressen von Oliven neben dem Öl anfiel. Sie wurde aber vielfach als Dünger, Tierarznei oder Holzschutzmittel genutzt.


Das falsche Kennzeichnen der Öle führte in einigen Städten des Römischen Reichs zu Strafen. Plinius der Ältere kritisiert in Naturalis Historia etwa Händler, die gutes Olivenöl mit minderwertigem Olivenöl oder sogar mit anderen Fetten streckten. Und er erwähnt, dass in einigen Städten das Mischen als Betrug geahndet wurde, wobei man betreffende Händler mit Geldstrafen, Konfiskation der Ware oder Ausschluss vom Markt sanktionierte. Von lokalen Amtsträgern erlassene Verordnungen regelten zudem, dass der Ölverkauf an Märkten nur unter Aufsicht stattfand.


Mit reichlich Weitsicht rät Columella in De re rustica (Buch XII), niemals schlechtes Öl unter gutes zu mischen, da dies den Ruf des gesamten Gutes und der Region zerstöre:


«Olea bona cum malis ne misceantur, ne totius fundi nomen infametur.»

Im alten Rom gab es daher ein ausgefeiltes System zur Qualitätssicherung von Olivenöl, das sich besonders gut am Monte Testaccio, einem rund 35 Meter hohen Hügel aus Teilen von Millionen Ölamphohren, nachvollziehen lässt. Diese Amphoren enthielten fast ausschliesslich Olivenöl aus der römischen Provinz Baetica, die wir heute als autonome Gemeinschaft Andalusien kennen, und wurden zwischen dem 1. und 3. Jahrhundert n. u. Z. nach Rom verschifft.


Monte Testaccio (Bild: AdobeStock)
Monte Testaccio (Bild: AdobeStock)

Jede Amphore war mit sogenannten tituli picti versehen – aufgemalten Inschriften, die Auskunft über Herkunft, Produzent, Ernte- und Abfülljahr, Qualitätsstufe, Füllmenge, den Namen des staatlichen Kontrolleurs sowie die Bestimmung des Öls gaben, etwa für die staatliche Versorgung der Hauptstadt. Versiegelte Hälse und Stopfen mit Produzentenstempeln erschwerten das heimliche Austauschen der Ware während des Transports.


Das Öl aus Baetica war Teil des staatlich organisierten Versorgungssystems für Rom, das über grosse, vom Reich kontrollierte Öllager am Tiber abgewickelt wurde. Dort erfolgte eine Registrierung jeder einzelnen Lieferung, teils mit Stichprobenkontrollen durch eigens eingesetzte Beamte, den sogenannten curatores olei. Um Betrug zu verhindern, wurden die Amphoren nach dem Entleeren jeweils zerschlagen. So konnte sichergestellt werden, dass kein minderwertiges Öl in die Originalgefässe gefüllt und als hochwertige Ware ausgegeben werden konnte.


Damit war das rudimentäre Qualitätssicherungssystem des alten Roms vermutlich besser als die in der heutigen Zeit angewandten – oft elektronischen – Systeme. Aber auch damals konnte der Betrug nicht ausgeschlossen werden. Wer betrügen will, wird immer Wege finden.


Aktuelle Rapport- resp. Kontrollsysteme für Olivenöl in Italien und Spanien

In Italien läuft die staatliche Olivenöl-Kontrolle über das S.I.A.N. (Sistema Informativo Agricolo Nazionale), in das alle registrierten Betriebe der Olivenölbranche – vom Müller über den Abfüller bis zum Händler – ihre Bewegungen nahezu in Echtzeit eintragen müssen. Dieses digitale "registro telematico" verlangt, dass jede physische Bewegung von Olivenöl innerhalb von sechs Werktagen gemeldet wird. Erfasst werden nicht nur Menge und Art des Öls, sondern auch Herkunft, Bio-Status sowie genaue Angaben zu Lieferanten und Kunden. Die Kontrolle obliegt der Spezialeinheit ICQRF des Landwirtschaftsministeriums, die die Online-Daten mit physischen Lagerbeständen abgleicht und stichprobenartig Betriebe inspiziert. Ziel ist eine lückenlose Rückverfolgbarkeit.


In Spanien gibt es kein mit Italien identisches Register, wohl aber ein strenges Marktinformationssystem, das sogenannte Sistema de Información de los Mercados Oleícolas, das vom Landwirtschaftsministerium (MAPA) betrieben wird. Hier müssen Produzenten, Händler und Abfüller einmal pro Monat ihre Bestände, Verkäufe und Produktionsmengen melden, aufgeschlüsselt nach Kategorien wie "virgen extra“, "virgen", "lampante" oder "raffiniert". Auch Herkunftsangaben und eventuelle geschützte Ursprungsbezeichnungen (PDO und PGI) werden erfasst. Die Kontrollen übernimmt die Agencia de Información y Control Alimentarios (AICA), die sowohl Datenprüfungen als auch Vor-Ort-Inspektionen durchführt. Der Fokus liegt hier stärker auf Markttransparenz und Mengenbilanz als auf minutengenauer Rückverfolgbarkeit einzelner Chargen.


Da beide Modelle letztlich auf den Selbstauskünften der Betriebe basieren und es einen "Medienbruch" von physischer Ware hin zu digitalen Daten gibt, bleibt Betrug weiterhin möglich. Denn, wer falsche Angaben macht, kann diese in der Regel zunächst unbemerkt ins System einspeisen. Nicht gemeldete Lager ("schwarze Tanks"), manipulierte Ursprungsdokumente oder gezielte Falschdeklarationen im Ursprungsland lassen sich auch mit der besten digitalen Infrastruktur nicht vollständig verhindern. Besonders anfällig sind die Schnittstellen zwischen den Ländern, wenn Öl international gehandelt wird: Was im Herkunftsland schon falsch erfasst wurde, gilt im Importland zunächst als korrekt – und wird so zur offiziellen Wahrheit im System. Und das wird von grossen Ölhändlern gnadenlos ausgenutzt.


Fehlendes Wissen der heutigen Verbraucher

Die heutigen Konsumenten aus klassischen Importländern, aber auch jene aus den Erzeugerländern machen es den Betrügern ziemlich einfach. Nicht mit Absicht, sondern einzig und alleine aufgrund der Tatsache, dass sie keinerlei Ahnung davon haben, wie echtes, gutes Olivenöl tatsächlich riecht und schmeckt. Sie sind es sich gewohnt, Oleum cibarium zu konsumieren, was wir heute wohl als qualitativ grenzwertiges natives Olivenöl oder gar als Lampantöl bezeichnen würden. Der in den 1980er, 1990er und 2000er Jahre berüchtigte Ölbaron Leonardo Marseglia bestätigte das im Jahr 2007, als er gegenüber dem amerikanischen Investigativ-Journalisten Tom Mueller sagte, dass höchstens 2 Prozent des italienischen Öls "extra vergine" sei.


Die Fälscher und Schwindler haben also ein besonders leichtes Spiel, die Verbraucher – gerade die jenseits des Atlantiks und nördlich der Alpen wortwörtlich an der Nase herumzuführen.


Kein Wunder schreibt das Deutsche Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit auf seiner Webseite zur internationalen Betrugsbekämpfungs-Operation OPSON IX, Olivenöl befinde sich wiederholt unter den Top 10 der am häufigsten gefälschten Lebensmittel. Bestätigung erhalten die deutschen Behörden von der Zentralen Inspektionsstelle für Qualitätsschutz und Betrugsbekämpfung bei Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen (ICQRF) aus Italien. Die italienische Behörde schreibt, dass Olivenöl das Produkt mit der höchsten Anzahl an Kontrollen und Beanstandungen im Bereich der Lebensmittelbetrugsbekämpfung sei.



Apulien: Gleich zwei Fälle von systematischem Betrug

Und tatsächlich vergeht kein Jahr ohne das Publikwerden eines grösseren Fälschungsskandals im Olivenölsektor. Abgesehen haben es die Fälscher heute meist auf Gastronomiebetriebe, da hier die Kontrollen noch nachlässiger sind als im Einzelhandel. Betroffen sind dabei nicht nur Gaststätten und Pflegeeinrichtungen in den Olivenöl produzierenden Ländern, sondern längst auch solche aus dem Ausland. Etwa aus Deutschland, der Schweiz oder den USA.


In den vergangenen Sommerwochen wurden gleich zwei schwerwiegende Fälle von systematischem Olivenölbetrug in Italien bekannt: Im apulischen Lecce wurde, so die Behörden, während mindestens zwei Jahren gepanschtes Öl, das aus billigem Sonnenblumenöl und nicht verzehrfähigem Lampantöl bestand, in Altersheimen, Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen zum Kochen verwendet – insgesamt über 38 Tonnen. Die Ermittlungen konzentrierten sich auf einen Verpflegungsdienstleister aus Galatone sowie auf zweifelhafte Auftragsvergaben von Seiten der Kommunen an ebensolchen Caterer (wir berichteten darüber).


In Cerignola (Provinz Foggia, ebenfalls Apulien) wurden zudem, wie italienische Medien am 6. August 2025 berichteten, einem Unternehmer, der den Indizien zufolge seit den 1980er-Jahren im grossen Stil gefälschtes Olivenöl vermarktet haben soll, auf Antrag des Direktors des Kriminalamts zur Bekämpfung der Mafia (DIA) und des Staatsanwalts von Bari Vermögenswerte im Gesamtwert von sechs Millionen Euro beschlagnahmt – diesmal im Rahmen einer präventiven Vermögensabschöpfung gemäss dem italienischen Codice Antimafia, nachdem die Direzione Investigativa Antimafia (DIA) dort vor anderthalb Monaten bereits Vermögenswerte im Wert von 1.6 Millionen Euro endgültig konfisziert hatte.


Die jetzt vorgenommene vorsorgliche Konfiszierung betrifft übereinstimmenden italienischen Medienberichten zufolge zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die im Agrarsektor tätig sind, ein Abfüllunternehmen für Samenöle und Olivenöl, ein Einzelunternehmen sowie eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die im Immobilien-, Kraftfahrzeug- und Spezialmaschinenbereich operativ sind, sowie 20 Grundstücke, 20 Gebäude, Gesellschaftsanteile, Immobilienrechte und weitere finanzielle Beteiligungen.


Die Ermittlungen zeigen: Es handelt sich bei beiden Geschehnissen nicht etwa um isolierte Einzelfälle, sondern um etablierte Strukturen. Besonders pikant ist, dass seit Jahrzehnten immer wieder Apulien, Italiens grösste Olivenölerzeugerregion, die je nach Jahr bis zu 50 Prozent zur italienischen Olivenölproduktion beisteuert, Ausgangspunkt für die organisierte Olivenöl-Kriminalität ist.



Big-Player Domenico Ribatti: Haselnussöl als Olivenöl an Bertolli verkauft

Unvergessen bleibt dank der Arbeit des Investigativjournalisten Tom Mueller, der zunächst 2007 im The New Yorker darüber geschrieben hat, die Personalie Domenico Ribatti. Dieser hatte von Mitte der 1970er bis Anfang der 1990er Jahre die apulische Firma Riolio geleitet, die damals einer der grössten Player im internationalen Olivenölhandel und ausserdem Mitglied im mächtigen italienischen Branchenverband Assitol war. Ribatti soll systematisch türkisches Haselnussöl und ausländisches Samenöl – als "griechisches Olivenöl" deklariert nach Italien importiert und dort als Olivenöl weitervermarktet haben.


Einer der Tanker, den Domenico Ribatti für seinen Betrug nutzte, trug den Namen Mazal II. Im Hafen von Ordu liegend lud das rostige Schiff, das 1965 vom Stapel lief, am 10. August 1991 rund 2'200 Tonnen türkisches Haselnussöl in seinen Bauch. Bei der Ankunft des Schiffes am 21. September 1991 im Hafen von Barletta (IT) wurde die türkische Ladung – auf den offiziellen Transportpapieren nun als "griechisches Olivenöl" deklariert – gelöscht und mit Tanklastern zur Firma Riolio weitertransportiert. Das war aber bei Weitem nicht der einzige Auftrag, den die Mazal II für Ribatti erfüllte.


Zwischen August und November 1991 transportierten die Mazal II und ein weiteres Schiff namens Katerina T. nämlich insgesamt fast 10'000 Tonnen türkisches Haselnuss- respektive argentinisches Sonnenblumenöl als Olivenöl deklariert. Diese Öle wurden bei Riolio – teils durch Beimischung echten Olivenöls – "aufbereitet" und weiterverkauft.


Zu den Kunden Riolios zählten Firmen mit Rang und Namen, darunter Nestlé, Unilever, Bertolli und Oleificio Fasanelli. Diese Firmen verkauften das gepanschte Öl ihrerseits als Olivenöl an Konsumenten weiter und kassierten dafür im Rahmen der Unterstützung der Olivenölbranche durch die Europäische Union – nach heutigem Gegenwert – rund 10 Millionen Euro an Subventionen. Von dem Betrug hätten Ribattis Kunden nichts gewusst, stattdessen seien sie ihrerseits selbst Opfer von Ribattis Schwindel geworden, sollen sich die namhaften Konzerne verteidigt haben. Immerhin hatte Unilever (59.6 Mia. € Jahresumsatz in 2023) Ribatti noch 1990 als besten Lieferanten von nativem Olivenöl extra ausgezeichnet.




«Mimmo Ribatti war ein Gentleman, weil er keine Namen nannte. Hätte er Namen genannt, wären viele im Gefängnis gelandet.»

Leonardo Colavita, ehemaliger Präsident von ASSITOL




Ribatti soll bei seinem Millionenbetrug, durch den er ein stattliches Vermögen – darunter auch ein ehemaliges Kaufhaus in Bari – angehäuft haben soll – auch Hilfe von Behördenvertretern gehabt haben. Er habe sie bestochen, heisst es.


Schweizer Financier brachte Ribatti als Kronzeuge zu Fall

Anfang 1992 gerieten Ribatti und seine Mitstreiter allerdings ins Visier der Guardia di Finanza, der militärisch organisierten italienischen Finanzpolizei. Die Guardia di Finanza führte verdeckte Operationen und hörte Telefongespräche von Riolio-Führungskräften ab. In den folgenden zwei Jahren rekonstruierte die Guardia di Finanza, unterstützt von der EU-Betrugsbekämpfungsbehörde, das gesamte Geflecht von Ribattis Geschäften: Schweizer Bankkonten, karibische Briefkastenfirmen und ein ausgefeiltes System zum Einkauf des gefälschten Olivenöls.


Die Behörden stellten dabei fest, dass Samen- und Haselnussöl nicht nur per Schiff, sondern auch per Tanklaster und Bahn in die Riolio-Raffinerie gelangte. Ausserdem sicherten sie im Hafen von Rotterdam gelagerte Haselnussölbestände, die für Riolio und weitere Olivenölunternehmen bestimmt waren.


Im März 1993 nahm die Guardia di Finanza Domenico Ribatti gemeinsam mit seinem Chefchemiker und drei weiteren Mitangeklagten fest. Die Vorwürfe reichten von Schmuggel und Betrug zulasten der Europäischen Union bis hin zur Bildung einer kriminellen Vereinigung. Im langwierigen Rechtsstreit versuchte Ribatti stets, sich selber als Opfer darzustellen: Karibische Briefkastenfirmen, so seine Darstellung, hätten seiner Firma Riolio Haselnussöl statt Olivenöl geliefert und ihn so hereingelegt.


Die Verteidigung brach jedoch zusammen, als Pascal Brugger, ein Schweizer Financier, der die Finanzgeschäfte von Ribattis Offshore-Unternehmen leitete, als Kronzeuge aussagte, Ribatti habe diese Konstrukte in Wahrheit alle selbst kontrolliert.


Im Rahmen eines Deals (patteggiare la pena), den Ribatti mit der Staatsanwaltschaft schloss, kam er mit einer 13-monatigen Haftstrafe davon. Dazu wurde ein Teil seines Vermögens beschlagnahmt – darunter Ölchargen, Firmenanteile und Konten.


Ribatti schied damit auch aus dem Verband der italienischen Olivenölhändler, ASSITOL, aus. Der Verband schloss – so wurde es zumindest nach Aussen dargestellt – Mitglieder aus, die wegen mutmasslicher Rechtsverstösse unter Anklage standen. Dadurch wollte sich der Verband seine vermeintlich weisse Weste wahren. Ribatti soll beim Ausscheiden zu den Verbandsmitgliedern gesagt haben: «Wenn ich gehe, müssen hier alle gehen.» So berichtete es Leonardo Colavita, ehemaliger Vorsitzender von ASSITOL und damaliger Eigentümer des italienischen Olivenölunternehmens Colavita, gegenüber Tom Mueller.


«Ich musste für andere den Kopf hinhalten. Ich war der Sündenbock», sagte Ribatti beim Gespräch mit Tom Mueller, der den ehemaligen Ölmagnaten in Apulien besuchte und die ganze Geschichte für seinen Bestseller Extra Vergine – die erhabene und skandalöse Welt des Olivenöls detailreich aufgearbeitet hat.


Wer ist ASSITOL?

Die Associazione Italiana dell’Industria Olearia (ASSITOL) ist der mächtigste Industrieverband der italienischen Speiseölwirtschaft und Teil des nationalen und internationalen Lobby- und Vertretungssystems rund um Confindustria und Federalimentare.


Gegründet 1972 aus der Fusion dreier damaliger Fachverbände – für Olivenöl, Samenöle und Margarine – vertritt ASSITOL heute rund 120 Unternehmen mit einem kombinierten Jahresumsatz von etwa 20 Milliarden Euro und mehr als 10'000 direkten und indirekten Beschäftigten. Die Mitgliedschaft reicht von Olivenöl- und Oliventresterölproduzenten über Hersteller von Samenölen, pflanzlichen Streichfetten und Backzutaten bis hin zu Produzenten von Biodiesel und Ölen für technische Anwendungen.


ASSITOL ist in zahlreiche europäische und internationale Organisationen eingebunden, darunter Fedolive, Eurolivepomace, Fediol, Imace, Fedima, Cofalec und EBB. Der Verband verfolgt das Ziel, die Interessen seiner Mitglieder auf nationaler und EU-Ebene zu vertreten, kollektive Arbeitsverträge zu verhandeln, interprofessionelle Abkommen innerhalb der Lebensmittelkette zu gestalten und die Unternehmen in juristischen, steuerlichen, gewerkschaftlichen und technischen Fragen zu unterstützen. Darüber hinaus überwacht ASSITOL die einzelnen Branchenbereiche und erstellt Statistiken sowie Marktforschung.


Der aktuelle Präsident ist Palmino Poli (Selvania 1971 S.r.l.), Ehrenpräsident ist Leonardo Colavita (Colavita S.p.A.), der als prägende Figur des Verbands gilt.


In den aktuellen Führungsgremien finden sich zahlreiche bekannte Namen der Branche, darunter Pietro Marseglia (Ital Bi Oil S.r.l., Teil der Marseglia Group und Sohn des berüchtigten Öl-Barons Leonardo Marseglia), Mario Rocchi (Oleificio R.M. S.p.A.), Pascal Pinson (Costa d’Oro S.p.A.), Bruno Seabra (Carapelli Firenze S.p.A., die Abfüllerin von Bertolli), Marcello Francini (SALOV S.p.A., die Abfüllerin von Filippo Berio) und Saverio Panico (Bunge Italia S.p.A.). Den Bereich Olivenöl leitet derzeit Anna Cane (Carapelli Firenze S.p.A. & Corporate Scientific & Public Affairs Director von Deoleo SA) als Präsidentin, mit Andrea Colavita (Colavita S.p.A., Neffe von Leonardo Colavita), Dora Desantis (Agridé S.r.l.) und Carlo Aquilano (Olearia F.lli De Cecco) als Vizepräsidenten.


Kritisch betrachtet wird ASSITOL jedoch nicht nur als Interessenvertretung, sondern auch als ein Netzwerk, das in der Vergangenheit Mitglieder mit zweifelhafter Reputation einschloss. Dazu zählen beispielsweise Domenico Ribatti und Leonardo Marseglia, die in gross angelegte Betrugsfälle verwickelt waren. Leonardo Colavita bemerkte einst über Ribatti: «Mimmo Ribatti war ein Gentleman, weil er keine Namen nannte. Hätte er Namen genannt, wären viele im Gefängnis gelandet.»


Mehrere ASSITOL-Mitglieder oder deren Muttergesellschaften standen in den letzten Jahren wegen Qualitäts- und Deklarationsfragen im Fokus internationaler Verfahren. Besonders gravierend waren die Fälle um Deoleo, den weltgrössten Markenolivenöl-Abfüller. In den USA einigte sich Deoleo 2018 auf einen Vergleich in Höhe von rund 7 Millionen US-Dollar: Verbraucher hatten geklagt, weil als "extra vergine" beworbenes Öl nicht die nötige Qualität aufwies. Deoleo verpflichtete sich daraufhin, die Produkte richtig zu etikettieren, nur noch lichtgeschützte Flaschen zu verwenden, das Mindesthaltbarkeitsdatum auf maximal ein Jahr zu begrenzen und strengere Lager- und Transportbedingungen einzuhalten.


Im November 2024 wurde zudem die Deoleo-Tochter Carapelli Firenze S.p.A. in Italien zu einer Zahlung von 89 Millionen Euro verurteilt. Hintergrund war ein Zoll- und Steuerkonstrukt über die inzwischen liquidierte Schweizer Tochter Carapelli International SA aus Mendrisio, über das Olivenöl aus Nicht-EU-Ländern eingeführt, in Italien abgefüllt und anschliessend wieder exportiert wurde. Die italienischen Behörden werteten dies als unzulässige Steuerumgehung. Sollte die Strafe fällig werden, könnte dies für den Mutterkonzern Deoleo existenzbedrohend sein.


Ein weiterer ASSITOL-Player, SALOV S.p.A. (Marke Filippo Berio), geriet in den USA ebenfalls in eine Sammelklage (Kumar v. Salov North America Corp.). Grund war die Angabe "Imported from Italy", obwohl die Olivenöle zu grossen Teilen aus anderen Ländern stammten. Der 2017 geschlossene Vergleich sah Rückzahlungen von bis zu 50 US-Cent pro Flasche (mindestens 2 US-Dollar pro Haushalt) sowie Anpassungen bei der Etikettierung vor.


In Italien selbst sorgte Il Salvagente mehrfach für Schlagzeilen, als das Verbrauchermagazin Olivenöle – darunter auch Produkte von ASSITOL-Mitgliedern wie Carapelli, Bertolli und De Cecco – testen liess. Einige Proben erfüllten demnach nicht die sensorischen Kriterien für "extra vergine". ASSITOL reagierte mit scharfer Kritik, warf dem Magazin unsaubere Methodik vor und stellte sich demonstrativ vor seine Mitgliedsunternehmen.


Diese Fälle zeigen, dass der mächtige ASSITOL-Verband zwar offiziell als mächtiges Sprachrohr der italienischen Speiseölwirtschaft auftritt, in der Praxis jedoch häufig Mitglieder schützt, deren Geschäftsgebaren juristisch oder moralisch fragwürdig ist. Gerade vor dem Hintergrund der internationalen Marktstellung italienischer Olivenölmarken wird ASSITOL damit immer wieder zum Symbol für das Spannungsfeld zwischen Lobbyarbeit, Selbstschutz und echter Qualitätsverantwortung.


Der Ölboss, der nie verurteilt wurde

Die Ermittlungen im Fall Ribatti führten die europäischen Betrugsbekämpfungsbehörden zu Leonardo Marseglia, einem weiteren Ölboss aus Apulien. Die beiden Frachtschiffe, die Ribatti für die Haselnuss- und Sonnenblumenölimporte nutzte, lieferten Aufzeichnungen zufolge weitere Ölladungen an den Hafen von Monopoli. Dieses Öl verfolgten die Behörden bis zur Oleifici Italiani, die heute in der Marseglia Group unter dem Namen Casa Olearia Italiana S.p.A. firmiert und eine der grössten Speiseölraffinierien Europas besitzt und betreibt.


Ein Jahr nach Ribattis Deal mit der Staatsanwaltschaft führten 80 Agenten der Guardia di Finanza eine Razzia bei Oleifici Italiani durch und beschlagnahmten Dokumente. Zwei Jahre später wurden gegen Marseglia und sechzehn seiner Geschäftspartner Haftbefehle erlassen. Die Staatsanwaltschaft warf Marseglia vor, tunesisches Öl importiert zu haben, das auf den Dokumenten allerdings als europäisches ausgewiesen wurde. Damit habe er ungerechtfertigterweise Zölle gespart und ausserdem Subventionen für den Verkauf von europäischem Öl eingestrichen.


Der damalige Staatsanwalt, Domenico Seccia, der schon die Anklage gegen Ribatti geführt hatte, war sich sicher, dass Ribatti alle Betrügereien von Marseglia erlernt hatte. Kaum verwunderlich, denn die beiden Öl-Barone kannten sich gut.


Jedenfalls entschied Italiens Oberster Gerichtshof anfangs 1997, dass hinlänglich nachgewiesen wurde, dass Marseglia Olivenöl aus Tunesien zollfrei eingeführt und dann als italienisches Olivenöl weiterverkauft habe. Dennoch sollte es der Staatsanwaltschaft auch nach jahrelangem juristischem Abnützungskampf nicht gelingen, dass Marseglia verurteilt wurde. Mehr noch: Aufgrund von Verjährungsfrist wurde die Anklage im Jahr 2004 gar fallengelassen.


Marseglia hat sich offiziell also nie etwas zu Schulden kommen lassen. Gegenüber Mueller sagte er: «Ribatti wurde verurteilt und landete im Gefängnis. Wir nicht.»



Marseglia: «90 Prozent "Sosolala-Öl"»

Gegenüber Mueller erwähnte Leonardo Marseglia, über den sich selbst dessen Feinde hochachtungsvoll geäussert haben sollen und der trotz der laufenden Ermittlungen und Verfahren gegen ihn nie aus dem Branchenverband ASSITOL ausgeschlossen wurde, dass die meisten Italiener überraschend wenig über die Qualität von Olivenöl wüssten. Er schätzte zudem, dass 98 Prozent des in Italien als "Extra Vergine" verkauften Olivenöls in Wahrheit kein erstklassiges Öl sind. 8 Prozent sei immerhin zweitklassig und der grosse Rest – 90 Prozent – sei "Sosolala-Öl". Er habe viel ausländisches Olivenöl importieren müssen, damit man mit Verschnitten das viele minderwertige, übelriechende einheimische Öl habe retten können. Deshalb hätten ihn die lokalen Olivenbauern auf dem Kieker gehabt.



Landete gepanschtes Olivenöl auch bei REWE?

Auf den Riolio-Skandal folgte knapp 20 Jahre später der Fall der Azienda Olearia Valpesana (AOV). Bei diesem toskanischen Zwischenhändler für Olivenöl schlug die Guardia di Finanza im Jahr 2012 mit der Operation Arbequino zu. Mehr als 8'000 Tonnen Öl wurden beschlagnahmt. Es handelte sich um Mischungen aus vergine und chemisch behandelten Lampantölen – teils als "100 % italienisch" deklariert, obwohl es aus Spanien, Griechenland und Tunesien stammte. Laut einem Bericht des Stern fanden Ermittler bei Valpesana unter anderem Mischanweisungen für Öle, die explizit für REWE bestimmt waren. Diese Blend-Schemas beinhalteten Informationen zu acht verschiedenen Ölqualitäten, darunter auch Lampantöl.




«Du weisst genau, was du bei einem Literpreis von 1.88 erhältst.»

Francesco Fusi, Azienda Olearia Valpesana




Die Ermittlungen begannen im April 2011 mit einer routinemässigen Steuerprüfung der auf Wirtschaftskriminalität spezialisierten Guardia di Finanza. Zu dieser Zeit setzte Valpesana jährlich rund 200 Millionen Euro um und handelte etwa 65'000 Tonnen Olivenöl – mehr als 15 Prozent der gesamten italienischen Jahresproduktion. Die Beamten stiessen auf versteckte Dokumente, die den Verdacht erweckten, dass bei der AOV nicht alles mit rechten Dingen zuging.


Die Beamten gaben vor, nochmals zurückkehren und dann mit der Prüfung der Finanz-Unterlagen fortfahren zu müssen. Dabei verwanzten sie die Büros und Telefonanlagen der AOV.


In der Folge hörten sie ein Telefongespräch zwischen Francesco Fusi, dem Eigentümer der Azienda Olearia Valpesana und Patrizio Salvadori, dem Eigentümer des Abfüllers Oleificio Salvadori, ab. Demnach beschwerte sich Salvadori über die Qualität des gelieferten Öls. Er sagte: «Es muss wenigstens den Anschein machen, als sei es echtes Extra Vergine Olivenöl.» Fusi erwiderte: «Du weisst genau, was du bei einem Literpreis von 1.88 erhältst.»


Während Fusi nach der grossen Razzia ‭um sein lukratives Kundenportfolio fürchtete, das bis 2012 neben Salvadori auch Carapelli, Azienda Olearia del Chianti, Coricelli und De Cecco umfasste, schloss Patrizio Salvadori, der unter anderem REWE mit Olivenöl für deren Eigenmarke belieferte, mit der Staatsanwaltschaft Siena einen Deal, der ihn günstig aus dem Schneider kommen liess.


Fusi seinerseits beharrte darauf, dass seine Öle in Ordnung waren und argumentierte, dass er sie nach der Beschlagnahmung wieder zurückerhalten habe. Das stimmte aber nur halbwegs, denn auf Anordnung von Staatsanwalt Natalini wurde zwar Öl freigegeben, jedoch erst, nachdem rund 40 Prozent der beschlagnahmten Menge in eine niedrigere Güteklasse herabgestuft worden waren und nicht mehr als Extra Vergine verkauft werden durften. Ware, die in der ursprünglichen Qualitätskategorie einen illegalen Gewinn von einer halben Million Euro eingebracht hätte.


Schliesslich wurde der ehemalige Valpesana-Eigentümer Francesco Fusi im Jahr 2017 zu vier Jahren Haft wegen gewerblichen Betrugs und Bildung einer kriminellen Vereinigung verurteilt. Mehrere Mitarbeitende der AOV erhielten ebenfalls Freiheits- oder Bewährungsstrafen. Zudem wurde eine Unternehmensstrafe von 100'000 Euro verhängt und Vermögenswerte im Wert von über 300'000 Euro beschlagnahmt.



Wer kann glaubhaft für Qualität garantieren?

Dass selbst grosse Handelsketten und Supermarktmarken offenbar immer wieder Ware aus zweifelhaften Kanälen bezogen haben, ist besonders brisant. Ob aus Unwissenheit, Fahrlässigkeit oder bewusster Duldung lässt sich bis heute nicht mit juristischer Garantie sagen. Klar ist nur: Wer nicht tief in die Lieferkette blickt und das die Warenkategorie Olivenöl nicht im Detail kennt, kann leicht selbst Teil eines Systems werden, das sich ausschliesslich um Profit dreht und sich nicht im geringsten um Produktqualität, die Sicherheit oder die Würde der Konsumenten bemüht.


Die publizierten Berichte über Betrügereien im Olivenölsektor machen klar, wie entscheidend Rückverfolgbarkeit und transparente Strukturen für die Konsumentensicherheit im Olivenölhandel sind. Denn, nur wer jeden Schritt kennt – vom Baum zur finalen Auslieferung der Flaschen an den Verbraucher –, und wer Olivenöle unabhängig finanzieller Konsequenzen prüfen lässt, kann gegenüber den Endverbrauchern glaubhaft für Qualität garantieren. Und das sind heute sehr wenige Marktteilnehmer.


Noch düsterer zeigt sich die Lage in der Gastronomie. Hier kommen bisweilen die schlechtesten Produkte auf die Teller der Konsumenten. Das hat nicht nur mit unzureichenden Vollzugsmassnahmen der kantonalen Lebensmittelbehörden, sondern vor allem auch mit der profitorientierten Haltung der meisten Gastronomiebetriebe zu tun. Mit ihrem Ziel, möglichst billig einzukaufen, öffnen sie dem Betrug Tor und Tür.


Wir dürfen uns nichts vormachen. Der Olivenölbetrug findet täglich statt. Marseglia hat nicht Unrecht damit, wenn er sagt, dass nur 2 Prozent des italienischen Öls von höchster Güte sind. Das bedeutet, dass die Chance auf echtes Extra Vergine wirklich verschwindend gering ist. Wenn Gastrozulieferer und Supermärkte also lauter Extra Vergine Olivenöle anbieten, stimmt etwas nicht. Das ist so sicher wie die Nacht bei uns schwarz ist. Das ist die einzige Garantie. Dass die meisten Endverbraucher betrogen werden. Beim Wocheneinkauf oder beim Auswärtsessen.



evoo ag: Mensch vor Profit

Wir können heute mit Stolz sagen, dass evoo ag nicht – wie so viele – irgendwelche Olivenöle vertreibt, sondern einen radikal anderen Weg geht – einen Weg, der auf Transparenz, Sachverstand, kompromissloser Qualität und klaren ethischen Grundsätzen beruht.




Nicht weil wir es uns leisten können, sondern weil wir es uns leisten wollen.



Hier ist – kurz zusammengefasst –, was wir anders machen als alle anderen:


1. Produzenten, die wir mögen

Wir arbeiten nur mit Herstellern, die wir mögen. Deren Philosophie uns zusagt. Deshalb lassen wir auch das eine oder andere gute Öl anderer Hersteller aus. Es gibt auch in der "Qualitätsszene" Protagonisten, die gute Tanks und weniger gute Tanks haben. Zu den Wettbewerben senden sie die schönen Öle ein. An die Importeure verticken sie das durchschnittliche Massenöl – mit demselben Etikett.


2. Lückenlose Rückverfolgbarkeit

Jede Charge Olivenöl Extra Vergine, die evoo ag importiert oder vertreibt, ist vollständig rückverfolgbar – vom Baum bis zur Flasche. Wir kennen die Produzenten persönlich, besuchen sie wenn möglich regelmässig und führen Buch über Erzeuger, Produkt und Analyseberichte.


3. Auswahl nach Qualitäts- statt Preisparametern

Wir verhandeln mit unseren Herstellern nie nach! So lassen wir nicht den Preis entscheiden, sondern die Qualität. Nur Öle, die erstens chemisch-analytisch und zweitens sensorisch unseren höchsten Ansprüchen genügen, schaffen es in unser Extra-Vergine-Sortiment. Mit Blick auf die sensorische Beurteilung von nativen Olivenölen können wir uns nicht auf die Panels dieser Welt verlassen. Denn, die meisten dieser Prüfinstitutionen sind entweder fachlich schlecht oder gekauft – wobei sie in den meisten Fällen gar beides sind. Wir hingegen sind äusserst fähige Verkoster, die jährlich ein breites Spektrum an unterschiedlichen Ölen nach korrektem Massstab prüfen. Als solche fähige Verkoster wissen wir, wie gutes Olivenöl riechen und schmecken darf. Was wir als Frittieröl in 5-Liter-Kanister oder 1000-Liter-IBC-Tanks für (Gross-)Küchen abfüllen lassen, ist besser als manches Olivenöl, das andere Anbieter als "Premium" bezeichnen.


4. Temperaturgeführte Logistik – bis zum Kunden

Während viele Händler (beispielsweise auch die Migros) – selbst im Hochsommer – auf Standard-Transporte im Planen-LKW setzen, was uns immer wieder erstaunt, wenn wir in Südeuropa bei Besuchen von Herstellern und Abfüllern die Gelegenheit geboten bekommen, Abholungen anderer Händler zu beobachten, geht evoo ag einen radikalen Weg:

  • Unsere Importe erfolgen konsequent temperaturgeführt, um thermoinduzierte Oxidation und somit Qualitätsverluste zu verhindern. Das heisst, dass wir viel mehr für Transporte bezahlen als andere.

  • Lagerung in der Schweiz ebenfalls konstant bei 15-18° beim zertifizierten Lebensmittellogistiker, um die Qualität bestmöglich bis zum Abverkauf der Ware konservieren zu können.

  • Zustellung an Geschäftskunden erfolgt temperaturgeführt, an Privatkunden immerhin mit schneller, gut isolierter Verpackung – innerhalb eines Werktags.


Ein sehr gutes Olivenöl verlangt, fachgemäss transportiert zu werden. Sonst ist die Mühe des Herstellers vergeblich und die Lobpreisungen auf Flyern, in Instagram-Anzeigen und auf Webseiten sind dann nichts als heisse Luft.


5. Echte Aufklärung statt auswendig gelernte Marketingfloskeln

Wir informieren nicht mit Worthülsen, sondern liefern wissenschaftlich fundierte, aber verständlich erklärte Inhalte, sei es in Blogartikeln, Kursen oder Beratungsgesprächen. Unsere Glaubwürdigkeit entsteht durch tiefes Wissen, nicht durch oberflächliche Werbung.


6. Integrität

Dem echten Extra Vergine Olivenöl haben wir uns verschrieben, was sich leicht an unserem Gesellschaftsnamen erkennen lässt (evoo = extra virgin olive oil), weshalb wir auch bei noch so günstiger Geschäftsmöglichkeit nie von unserem Standard abweichen. Wir sprechen zudem ohne Rücksicht auf Verluste aus, was alle anderen nicht sagen. Nicht weil wir es uns leisten können, sondern weil wir es uns leisten wollen.


Die richtige Entscheidung

Olivenöl ist kein austauschbares Massenprodukt – es ist Kultur, Handwerk, Natur, Nahrung und Gesundheit in einer Flasche. Wer echtes Extra Vergine geniessen oder verkaufen will, muss bereit sein, genauer hinzusehen, unbequeme Fragen zu stellen und sich nicht mit schönen Etiketten und nichtssagenden Analyserapporten zufriedenzugeben. Betrug wird es immer geben – aber er verliert spätestens dann seine Macht, wenn Konsumenten und Profis beginnen, bewusst einkaufen.


evoo ag bildet eine reizende Ausnahme in der Welt des Olivenölhandels. Sie ermöglicht, dass Verbraucher das wahrhaftig echte und gute native Olivenöl extra ohne Zweifel geniessen können.


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